Rz. 4

Anders als im Bereich des Arbeitsschutzes, der dem Grundsatz nach einen gleichmäßigen Gesundheitsschutz für alle Frauen (und Männer) vorsieht, regelt der Mutterschutz einen besonderen Gesundheitsschutz für alle schwangeren oder stillenden Frauen und ihr (ungeborenes) Kind. Damit ist der Anspruch und die Verpflichtung des Arbeitgebers verbunden, in dieser Hinsicht unverantwortbare Gefährdungen auszuschließen. Im Unterschied zum allgemeinen Arbeitsschutz kommt jedoch im Mutterschutz als letztes Mittel auch ein betriebliches Beschäftigungsverbot nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 in Betracht, das im allgemeinen Arbeitsschutzrecht in dieser Form nicht bekannt ist. Im allgemeinen Arbeitsschutz hat der Arbeitnehmer nur das Recht, die Arbeitsleistung zu verweigern, wenn eklatante Missstände oder offensichtliche Gefahren vorliegen. Hier geht es jedoch um eine präventive Nichtbeschäftigung zur Vermeidung des Wirksamwerdens verbliebener, nicht anders auszuschließender Gefährdungen.

Der betriebliche Gesundheitsschutz baut maßgeblich auf der Vermeidung bzw. Verhinderung von Gefährdungen für Mutter und Kind auf. Der Grundsatz der Risikominimierung gebietet, Gefährdungen ganz zu vermeiden und, wo dies nicht möglich ist, sie möglichst gering zu halten. Unverantwortbare Gefährdungen sind auszuschließen.

 

Rz. 5

Bei bestimmten Tätigkeiten kann trotz baulicher, organisatorischer oder persönlicher Schutzmaßnahmen ein verbleibendes besonderes Risiko einer Exposition der schwangeren oder der stillenden Arbeitnehmerin gegenüber gefährlichen Stoffen, Verfahren oder Arbeitsbedingungen bestehen. Diese Risiken müssen erfasst und bewertet und es müssen daraus Konsequenzen gezogen werden. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung müssen der konkreten Arbeitnehmerin, allen anderen Beschäftigten und/oder der Personalvertretung/dem Betriebsrat mitgeteilt werden. Verbleibt als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ein Risiko für die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmerin, sind die in § 13 genannten Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Für das Mutterschutzrecht ist der Gefährdungsbegriff aus dem Arbeitsschutz relevant.[1] Spezifische Gefährdungsbeurteilungen je nach Branche oder Tätigkeitsprofil gibt die jeweilige Berufsgenossenschaft bekannt.

 

Rz. 6

Der Gesetzgeber verpflichtet den Arbeitgeber, dafür zu sorgen, dass alle erforderlichen Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen werden, um den besonderen Anforderungen aus dem Mutterschutzgesetz Rechnung zu tragen. Diese besondere Pflicht einer umfassenden Vorsorge und Fürsorge geht über den im Arbeitsverhältnis generell geltenden Grundsatz einer Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen[2] hinaus. Die Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen gilt im Arbeitsverhältnis generell.[3] Ein Zusammenspiel aus Arbeitsschutzvorschriften und berufsgenossenschaftlichen Regelungen schafft hier den Rahmen für einen umfassenden, generellen Arbeitsschutz. An erster Stelle steht im Arbeitsschutz immer die Vermeidung einer Gefährdung. Lassen sich Beeinträchtigungen nicht vermeiden, so sind die Beeinträchtigungen möglichst auszugleichen. Als Ausgleich zählen Ersatzmaßnahmen oder finanzieller Ausgleich.

 
Praxis-Beispiel

Produktionsvorgänge mit bestimmten Anforderungen an den Arbeitsschutz

Arbeit in einer Gießerei ist in der Natur der Sache mit Hitze und schwerer körperlicher Arbeit verbunden. Die Hitze lässt sich nicht vermeiden, sie ist für den Produktionsprozess Voraussetzung. Durch geeignete Schutzkleidung lässt sich diese gesundheitliche Beeinträchtigung der Metallverarbeitung mildern. Im Tarifvertrag für die Metallindustrie sind mit dem "Gießereizuschlag" zusätzliche Ausgleichszahlungen als materielle Entschädigung für die Hinnahme der Beeinträchtigung geregelt.[4]

 

Rz. 7

Das Mutterschutzrecht stellt jedoch eine über den allgemeinen Arbeitsschutz hinausgehende generelle Forderung an den Schutz vor Gefährdung und Beeinträchtigung auf, um hier die Gesundheit der werdenden Mutter und des werdenden Lebens zu schützen. Die Gefährdungen und Beeinträchtigungen der ausgeführten Arbeit und des individuellen Arbeitsplatzes sind in erster Linie zu vermeiden und dürfen gerade nicht kompensiert werden; sie führen in letzter Konsequenz zu einem gesetzlich geregelten Beschäftigungsverbot.

 
Praxis-Beispiel

Unvermeidbare Gefährdungen

Gerade in Hochrisikobereichen, wie etwa im Krankenhaus, lassen sich gefährdende Situationen, die durch den Kontakt mit Keimen, chemischen und biologischen Stoffen oder durch Verletzungen entstehen, schon wegen der Arbeitsaufgaben von mit Patienten in Kontakt kommendem Personal nicht ausschließen. Auch ungewöhnliche Ereignisse sind nicht ausschließbar und können zu einer Gefährdung führen. Daher kommt praktisch in solchen Konstellationen nur ein vollständiger Ausschluss vom Kontakt mit der Gefahrenstelle "Arbeitsplatz" in Betracht.

 

Rz. 8

Nach § 13 Abs. 1 sind Schutzmaßnahmen vorzusehen, wenn auf Grundlage der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 9 MuSchG unverantwortbare Gefährdungen nach §§ 9, 11 oder 12 MuSchG festgest...

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