1 Allgemeines

 

Rz. 1

In der bis Ende 2017 geltenden Fassung des Mutterschutzgesetzes hatte der Gesetzgeber in der Mutterschutzarbeitsverordnung bestimmte Gefährdungssituationen normiert, bei deren Vorliegen eine Beschäftigung in der Schwangerschaft oder während des Stillens unzulässig ist. Die Inhalte dieser Rechtsverordnung wurden in der Neufassung seit 1.1.2018 direkt in das MuSchG übernommen. Daher enthält § 12 eine Positivliste der Tätigkeiten, die für eine Stillende unzulässig sind. Sobald eine Frau nach der Geburt stillt und nach Ablauf der nachgeburtlichen Schutzfrist an den Arbeitsplatz zurückkehrt und dem Arbeitgeber mitteilt, dass sie stillt, greift § 12.

§ 12 bestimmt unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für stillende Frauen im Hinblick auf allgemeine Gefahrstoffe (Abs. 1), Biostoffe (Abs. 2) und physikalische Einwirkungen (Abs. 3), belastende Arbeitsbedingungen (Abs. 4) und bestimmte Tätigkeiten (Abs. 5).

 

Rz. 2

Im Wesentlichen sind in § 12 die wichtigsten Tatbestandsbeschreibungen gefährdender Tätigkeiten wie in § 11 MuSchG beschrieben. Daher kann in vielen Fällen auf die gleich gelagerten Erläuterungen in § 11 MuSchG verwiesen werden.[1] Allerdings ist der Katalog in § 12 nicht so umfangreich wie in § 11 MuSchG. Die Gefährdungen für die heranwachsende Leibesfrucht sind vielfältiger als die Gefährdungsmöglichkeiten beim Stillen.

Die Vorschriften des § 12 gelten ohne weitere Zwischenschritte oder Formalien. Sobald die Stillende dem Arbeitgeber mitteilt, dass sie stillt, muss die Prüfung erfolgen, ob eine unzulässige Tätigkeit vorliegt und wie eine evtl. Gefährdungslage zu beseitigen ist. Nach Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 12 gegeben sind, erfolgt die Prüfung der Reihenfolge der Schutzmaßnahmen nach § 13 MuSchG.

[1] S. § 11 Rz. 12 ff.

1.1 Besonderheiten des Stillens – die Nationale Stillkommission

 

Rz. 3

Das Stillen wird wissenschaftlich durch die Nationale Stillkommission[1] begleitet. Hauptaufgabe der Nationalen Stillkommission (NSK) ist die Förderung des Stillens in der Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission berät die Bundesregierung, gibt Richtlinien und Empfehlungen heraus und unterstützt Initiativen zur Beseitigung bestehender Stillhindernisse. Die Stillkommission wurde 1994 am Robert-Koch-Institut gegründet. Im Jahr 1999 wurde sie im damaligen Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) angesiedelt und hatte bis 2002 ihren Sitz im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft). Mit der Gründung der Nationalen Stillkommission hat sich die Bundesregierung der sog. Innocenti Declaration[2] "zum Schutz, zur Förderung und Unterstützung des Stillens" angeschlossen und damit eine Forderung der 45. Weltgesundheitsversammlung von 1992 erfüllt.[3]

Seit dem 1.4.2019 ist die Nationale Stillkommission in das Max-Rubner-Institut (MRI) eingebunden, was mit dem dort 2019 eröffneten Institut für Kinderernährung zusammenhängt. Dort werden ernährungsmitbedingte Krankheiten für Kinder erforscht, zuletzt auch Einschätzungen zu COVID-19 und Stillen.

Die Kommission wurde mit dem Ziel gegründet, die Entwicklung einer neuen Stillkultur in der Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen und dazu beizutragen, dass Stillen zur normalen Ernährung für Säuglinge wird. Der Nationalen Stillkommission gehören Mitglieder aus medizinischen Berufsverbänden und Organisationen an, die sich für die Förderung des Stillens in Deutschland einsetzen. Die Aufgabe der NSK ist die Förderung des Stillens in der Bundesrepublik Deutschland; in dieser Funktion berät sie die Bundesregierung, gibt Richtlinien und Empfehlungen heraus und unterstützt die verschiedenen Initiativen zur Förderung des Stillens. Das Max Rubner-Institut wurde von der Bundesregierung beauftragt, partizipativ eine Nationale Strategie zur Stillförderung zu erarbeiten. Als Teil der Nationalen Stillstrategie wurde das Netzwerk Gesund ins Leben mit der Kommunikation zur Stillförderung beauftragt.[4]

Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert unter www.Kindergesundheit-info.de u. a. über das Stillen.

 

Rz. 4

Die Nationale Stillkommission empfiehlt auf Basis der Empfehlungen der WHO ein ausschließliches Stillen in den ersten 6 Monaten.[5] Die Zeit zum Stillen ist durch § 7 Abs. 2 gesetzlich geschützt: Der Arbeitgeber hat eine stillende Frau mindestens zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal pro Tag eine Stunde für die zum Stillen erforderliche Zeit freizustellen. Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als 8 Stunden soll auf Verlangen der Frau zweimal eine Stillzeit von 45 Minuten oder, wenn in der Nähe der Arbeitsstätte keine Stillgelegenheit vorhanden ist, einmal eine Stillzeit von 90 Minuten gewährt werden. Die Arbeitszeit gilt dann als zusammenhängend, wenn sie nicht durch eine Ruhepause von mindestens 2 Stunden unterbrochen wird. Ein Verdienstausfall darf durch die Stillzeit nicht eintreten. Die Stillzeit muss von der Mutter auch nicht vor- oder nachgearbeitet werden, und sie darf auf die festgese...

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