Rz. 28

Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 liegt eine unverantwortbare Gefährdung i. S. v. Satz 1 insbesondere dann vor, wenn die stillende Frau Tätigkeiten ausübt oder Arbeitsbedingungen ausgesetzt ist, bei denen sie den in den Nrn. 1 und 3 benannten Gefahrstoffen ausgesetzt ist. Satz 2 nimmt damit eine Konkretisierung für die Prüfung nach Satz 1 vor: Ist eine stillende Frau diesen beispielhaft genannten Gefahrstoffen ausgesetzt, wird dies nach Satz 2 grundsätzlich als eine unverantwortbare Gefährdung eingestuft.

 

Rz. 29

Der gesetzlich definierte Katalog nach § 12 berücksichtigt insbesondere die Gefahrstoffe, die nach den Kriterien der EG-Verordnung Nr. 1272/2008[1] als reproduktionstoxisch nach der Zusatzkategorie für Wirkungen auf oder über die Laktation (Milchbildung) zu bewerten sind. "Wirkung auf" meint damit die Auswirkung auf die entsprechende Milchproduktion; "Auswirkung über" meint die Aufnahme von Stoffen über die Muttermilch auf das Kind und dann dort ausgelöste Schädigungen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) hat hierzu praktische Hinweise über die Einstufung und Kennzeichnung von CLP-Stoffen.[2]

Der Zweck der Verordnung 1272/2008 ist es, zu bestimmen, welche Eigenschaften von Stoffen und Gemischen zu einer Einstufung als gefährlich führen sollten, damit die Gefahreneigenschaften von Stoffen und Gemischen korrekt ermittelt und ihre Gefahren entsprechend angegeben werden können. Zu solchen Eigenschaften sollten sowohl die physikalischen Gefahren als auch die Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gehören. Die beiden in dieser Verordnung vorgesehenen Instrumente, die zur Information über die Gefahren von Stoffen und Gemischen verwendet werden, sind Kennzeichnungsetiketten und die Sicherheitsdatenblätter.[3] Die Stoffe selbst sind in Anlage 1 zur Verordnung aufgeführt, diese umfasst 108 Seiten.

 

Rz. 30

Zunächst ist sachlich zu erfassen, dass die Stillende mit diesen Stoffen in Berührung ist oder in Berührung kommen kann. Ob diese Stoffe oder Verfahren für stillende Frauen oder ihr gestilltes Kind im Einzelfall eine unverantwortbare Gefährdung darstellen, hat der Arbeitgeber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG zu prüfen und nach § 14 MuSchG zu dokumentieren.

 

Rz. 31

Im Gesetz aufgelistet sind Gefahrstoffe nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1. Einstufungskriterium ist die CLP-Verordnung: § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nimmt auf Gefahrstoffe in Bezug, die mutterschutzrechtlich bedeutsame Einstufungskriterien des Anhangs I der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 erfüllen.

Ein Gefahrstoff i. S. d. Nr. 1 liegt vor, wenn er die im Einzelnen jeweils bezeichneten Einstufungskriterien des Anhangs I der CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 erfüllt. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, die entsprechenden Voraussetzungen für jeden Gefahrstoff zu prüfen. Mit dem Wortlaut wird klargestellt, dass sich der Arbeitgeber nicht auf die vorgefundene Kennzeichnung des Stoffes verlassen darf, sondern gegebenenfalls eine eigene Prüfung veranlassen muss.

 

Rz. 32

Ferner sind im Gesetz aufgelistet Gefahrstoffe nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2: Die Aufzählung erfasst Blei und Bleiderivate, soweit die Gefahr besteht, dass diese Stoffe vom menschlichen Körper aufgenommen werden. Zwar sind Blei und alle Bleiderivate grundsätzlich als karzinogen nach der Kategorie 1A eingestuft. Da es sich bei Blei und Bleiderivaten jedoch um eine diffuse Stoffgruppe handelt, zu der auch nicht krebserzeugende Stoffe gehören können, sind sie zur Sicherstellung der unionsrechtlichen Standards (vgl. Anhang II A., Nr. 1 c) der Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG) aus Gründen der Rechtssicherheit in den Katalog des Satzes 2 aufgenommen.

[1] Auch CLP-Verordnung genannt. Sie regelt die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen ("Regulation on classification, labelling and packaging of substances and mixtures", kurz CLP) und ersetzt die europäische Stoffrichtlinie 67/548/EWG, sowie die Zubereitungsrichtlinie 1999/45/EG ab 2015 vollständig.

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