Rz. 48

Nach den Gefahrstoffen, geregelt in Abs. 1, sind in § 10 Abs. 2 die Unzulässigkeit von Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen im Hinblick auf Biostoffe geregelt.[1]

Bei der Prüfung einer Gefährdungslage sind die entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben der Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG (aus Anhang I, Buchstabe A. (Agenzien), Nr. 2 (biologische Agenzien) und aus Anhang II, Buchstabe A. (Schwangere Arbeitnehmerinnen), Nr. 1 (Agenzien), Buchstabe b (biologische Agenzien)) zu berücksichtigen. Zu den damit grundsätzlich erfassten biologischen Agenzien gehören damit insbesondere das "Toxoplasma" und das "Rötelnvirus".

Neben den in der nicht erschöpfenden Liste der Biostoffe in den Anhängen der Mutterschutzrichtlinie sind bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach Abs. 2 aber weitere Biostoffe zu berücksichtigen, wie etwa das Influenzavirus. Dazu zählen insbesondere die Biostoffe, die als Stoffe ausgewiesen sind, die möglicherweise zu einer Fruchtschädigung führen können.

 

Rz. 49

Alle Stoffe mit biologischen Grenzwerten sind Gefahrstoffe. Die entsprechende Einstufung von Biostoffen erfolgt durch den für Biostoffe zuständigen Ausschuss nach der BioStoffV.[2] Entscheidend ist die Möglichkeit einer fruchtschädigenden Wirkung, s. auch die bestehenden Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA).

 

Rz. 50

Damit sind die biologischen Grenzwerte (BGW) i. S. d. § 2 Abs. 9 GefStV zu berücksichtigen. Auf den Arbeitsplatz bezogen heißt das, dass die Grenzwerte nicht überschritten werden dürfen, unabhängig davon, welche konkrete Person an diesem Arbeitsplatz eingesetzt ist. Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.

 

Rz. 51

Auch wenn gefährliche Eigenschaften nur teilweise vorliegen, wird der Stoff als Gefahrstoff klassifiziert. Werden mehrere Gefahrstoffe verwendet, dann sind Wechsel- oder Kombinationswirkungen mit Einfluss auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob bei Einhaltung des Grenzwertes eine fruchtschädigende Wirkung besteht oder nicht.

 

Rz. 52

Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 darf eine schwangere Frau keine Tätigkeiten ausüben und keinen Arbeitsbedingungen ausgesetzt sein, bei denen sie in einem Maß mit Biostoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 i. S. d. § 3 Abs. 1 BioStoffV in Kontakt kommt oder kommen kann, dass dies für sie oder ihr (ungeborenes) Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.

 

Rz. 53

Die Begriffsbestimmung für Biostoffe ist in § 2 Abs. 1 BioStoffV geregelt. Nach § 2 Abs. 13 BioStoffV werden Biostoffe entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko nach dem Stand der Wissenschaft in Risikogruppen eingestuft. Von der Regelung des Abs. 2 nicht erfasst werden lediglich Biostoffe der Risikogruppe 1. Dabei handelt es sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BioStoffV um Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen. Sie sind daher grundsätzlich nicht als Stoffe zu bewerten, die die Unzulässigkeit von Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen auslösen. Zu beachten ist jedoch, dass es nicht nur um den Kontakt mit einem Biostoff geht, sondern auch die Frage der Häufigkeit (Anzahl) und Dauer der Berührung bei der Einschätzung einer Gefährdung eine Rolle spielt.

[1] In dieser Regelung sind die bis 31.12.2017 geltenden Regelungen von § 4 Abs. 2 Nr. 6 MuSchG und in § 1 Satz 1 MuSchArbV zusammengefasst.
[2] Biostoffverordnung v. 15.7.2013, BGBl. I S. 2514.

3.1 Begriff der "unverantwortbaren Gefährdung" (§ 11 Abs. 2 Satz 2)

 

Rz. 54

Analog zu Abs. 1 Satz 2 (Gefahrstoffe allgemein) regelt auch Abs. 2 Satz 2 für Biostoffe, wann eine unverantwortbare Gefährdung vorliegt. Der technische Aufbau des Gesetzes ist insofern gleich. Satz 2 regelt beispielhaft Fälle, in denen eine unverantwortbare Gefährdung i. S. v. Satz 1 vermutet wird. Eine unverantwortbare Gefährdung i. S. v. Satz 1 ist danach gegeben, wenn die schwangere Frau Tätigkeiten ausübt oder Arbeitsbedingungen ausgesetzt ist, bei denen sie mit gefährlichen Biostoffen in Kontakt kommt oder kommen kann. Auch hier hat der Gesetzgeber einen Katalog der biologischen Gefahrstoffe aufgestellt, bei denen Verwendung eine besondere Gefährdung und damit eine unverantwortbare Gefährdung ergibt.

3.1.1 Katalog der biologischen Gefahrstoffe nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2

 

Rz. 55

Eine unverantwortbare Gefährdung i. S. v. Abs. 2 Satz 1 liegt insbesondere vor, wenn die schwangere Frau Tätigkeiten ausübt oder Arbeitsbedingungen ausgesetzt ist, bei denen sie mit folgenden Biostoffen in Kontakt kommt oder kommen kann:

  1. mit Biostoffen, die in die Risikogruppe 4 i. S. v. § 3 Abs. 1 der Biostoffverordnung einzustufen sind oder
  2. mit dem Rötelnvirus oder mit Toxoplasma.

Zu Nr. 1: Eine unverantwortbare Gefährdung i. S. v. Satz 1 liegt vor, wenn die schwangere Frau Tätigkeiten ausübt oder Arbeitsbedingungen ausgesetz...

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