Rz. 45

Die Pandemievorsorge im Unternehmen verpflichtet den Arbeitgeber, bei Auftreten einer solchen Lage die besonderen Anforderungen an seinen Geschäftsbetrieb im Allgemeinen und an die Gesundheit der Belegschaft im Besonderen zu überprüfen. Das Erstellen eines (vorsorglichen) betrieblichen Pandemieplans (Besetzung und Entscheidungskompetenz eines Pandemiestabs, Kommunikations- und Entscheidungskanäle etc.) und eines generellen betrieblichen Hygiene- und Präventionskonzepts (unabhängig von einer epidemischen Lage) ist Aufgabe der Geschäftsleitung bzw. der hierfür beauftragten betrieblichen Experten.[1] Teil eines obligatorischen betrieblichen Pandemieplans ist auch die Aktualisierung und Konkretisierung der Gefährdungsbeurteilung für besonders gefährdete Belegschaftsgruppen, zu denen Schwangere zählen.

Die Entscheidung, welche Maßnahmen für die Prävention einer Infektionskrankheit geeignet sind, wird generell durch folgende Parameter bestimmt:

  • Prüfung der epidemiologischen Lage (generell bzw. für die konkrete Örtlichkeit) auch unter Einbeziehung der behördlichen Einschätzungen (z. B. Robert-Koch-Institut),
  • Art und Ausmaß der Freisetzung der Erreger, räumliche Ausdehnung des betroffenen Gebietes, Besonderheiten der betrieblichen Konstellation (z. B. Krankenhaus, Arztpraxis, Kundenkontakte),
  • Art und Ausmaß der Exposition gegenüber dem Erreger und mögliche Infektionssituationen,
  • Disposition der Exponierten (z. B. Immunität, Immundefizienz/-suppression),
  • mögliche Übertragungswege.

Daraus abgeleitet erfolgt in der Gefährdungsbeurteilung die Bewertung der konkreten betrieblichen Situation. Entsprechend des Gefährdungsrisikos sind alle Maßnahmen zu treffen, um eine Infektion zu vermeiden.[2]

Die Gefährdungsbeurteilung umfasst eine Bewertung des Infektionsrisikos und des Expositionsrisikos.

 

Rz. 46

Expositionsrisiko ist das Risiko, in Kontakt mit Personen oder Flächen zu gelangen, die kontaminiert sind oder sein können. Personen, die zum Beispiel Tätigkeiten im Homeoffice verrichten, haben eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit im betrieblichen Kontext mit anderen Personen in Kontakt zu gelangen und sich damit einem Infektionsrisiko auszusetzen. Umgekehrt kann eine Homeoffice-Regelung bereits eine Maßnahme auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung sein, um das Expositionsrisiko zu reduzieren.

 

Rz. 47

Infektionsrisiko ist das Risiko einer Ansteckung. Es kann beispielsweise bei Tätigkeiten mit häufigem Kontakt zu anderen Personen (z. B. Kunden bei Verkaufstätigkeiten im Ladengeschäft) vorliegen. Hier muss die konkrete Situation bewertet werden: Das Infektionsrisiko im Einzelhandel ist bei Einhaltung von Schutzmaßnahmen eher gering, beim Kundenkontakt etwa in einer Arztpraxis oder Apotheke hingegen ist es in der Regel höher einzuschätzen.

Entsprechend haben Tätigkeiten im Gesundheitswesen bei Kontakt mit bestätigten oder vermuteten Infektionen oder einem Umgang mit möglicherweise infizierten Körperflüssigkeiten ein hohes Gefährdungsrisiko. In jedem Fall ist eine tätigkeitsbezogene Einzelfallbewertung notwendig. Die Durchführung organisatorischer Maßnahmen (wie etwa das Trennen von einzelnen Beschäftigtengruppen durch Einteilen von Organisationseinheiten, feste Pausenzeiten, versetzte Arbeitszeiten ohne Begegnungsrisiko, räumliche Entzerrung von Arbeitsplätzen und Einhalten eines Mindestabstands) kann notwendig sein.

 
Praxis-Beispiel

Besonderheiten bei Tätigkeiten im Gesundheitswesen

Ärztliche oder pflegerische Tätigkeiten, Reinigungstätigkeiten in Patientennähe, medizinische Transporttätigkeiten oder Labortätigkeiten mit Infektionserregern haben ein hohes Expositions- und Infektionsrisiko.

[1] Siehe die Anleitung der Betriebsärzte zur Erstellung eines betrieblichen Pandemieplans: https://www.vdbw.de/der-vdbw/aktuelles/detailansicht/pandemieplanung-betriebsaerzte-raten-zur-vorsorge/.
[2] Vgl. in der pandemischen Lage 2020-2023 die "Arbeitsmedizinische Empfehlung des Ausschusses für Arbeitsmedizin zum Umgang mit aufgrund der SARS-CoV-2-Epidemie besonders schutzbedürftigen Beschäftigten" und der "Beschluss 609": "Arbeitsschutz beim Auftreten von nicht impfpräventabler Influenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes" des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS).

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