Rz. 15

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 gilt das Gesetz nicht nur für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, sondern für alle Frauen, die sich in einer Beschäftigung i. S. v. § 7 Abs. 1 SGB IV befinden. Maßgeblich ist also nicht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, sondern eines sozialversicherungsrechtlichen (nicht-pflichtigen!) Beschäftigungsverhältnisses. Ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis liegt nach § 7 Abs. 1 SGB IV vor, wenn die Frau nicht selbstständige Arbeit leistet, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Voraussetzung für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses ist nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 SGB IV zunächst die Erbringung von nichtselbstständiger Arbeit. Arbeit ist jede planmäßige Betätigung der körperlichen und geistigen Kräfte. Arbeit ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient.[1]

Die Arbeitsleistung muss dabei unselbstständig erbracht werden. Typisches Merkmal hierfür ist die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation.

Der Begriff des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ist ausgesprochen schillernd und durch eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, insbesondere der Sozialgerichtsbarkeit, geprägt.[2]

 

Rz. 16

Durch das Anknüpfen des Mutterschutzes an das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses i. S. d. § 7 Abs. 1 SGB IV hat der Gesetzgeber der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Genüge getan. Der EuGH definiert in ständiger Rechtsprechung den Begriff der Arbeitnehmerin i. S. d. Richtlinie RL 82/95/EWG so, dass er nicht je nach nationalem Recht unterschiedlich ausgelegt werden darf, sondern anhand objektiver Kriterien zu bestimmen ist, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der Betroffenen kennzeichnen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält.[3] Daraus hat der EuGH im Falle Danosa den Schluss gezogen, dass die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft, das dieser gegenüber Leistungen erbringt und in sie eingegliedert ist, zu bejahen ist, wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübt und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhält. Angestellte Fremdgeschäftsführerinnen bzw. solche Geschäftsführerinnen, die an der Gesellschaft keine Mehrheitsbeteiligung bzw. keine Sperrminorität besitzen, sind dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofes Arbeitnehmerinnen und unterliegen den Regelungen des Mutterschutzes. Da diese in aller Regel auch nach § 7 Abs. 1 SGB IV in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen, unterliegen sie auch dem Mutterschutzrecht.

 

Rz. 17

Zu diesem Personenkreis gehören also nicht nur Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis i. S. v. § 611a BGB stehen, sondern darüber hinaus auch solche Personen, die aufgrund einer weisungsabhängigen Tätigkeit in der Organisation eines Unternehmens tätig sind. Auch Fremdgeschäftsführerinnen sowie Minderheiten-Gesellschafter-Geschäftsführerinnen einer GmbH werden erfasst, soweit diese aufgrund ihrer persönlichen Abhängigkeit unter den Beschäftigtenbegriff nach § 7 Abs. 1 SGB IV fallen. .

 

Rz. 18

Ob aufgrund verschiedener sozialversicherungsrechtlicher Besonderheiten (Überschreiten von Beitragsbemessungsgrenzen oder geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 SGB IV) Versicherungsfreiheit besteht, ist unerheblich. Es kommt ausschließlich darauf an, dass es sich um ein Beschäftigungsverhältnis i. S. v. § 7 Abs. 1 SGB IV handelt.

Andererseits reicht es auch nicht aus, dass Versicherungspflicht in einem oder mehreren Zweigen der Sozialversicherung besteht. So sind bspw. die in § 2 SGB VI genannten selbstständig Tätigen keine Personen, bei denen ein Beschäftigungsverhältnis besteht. Sie fallen daher nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 in den Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes (eventuell aber nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 als arbeitnehmerähnliche Selbstständige).

Es reicht auch nicht aus, dass einer der Fälle vorliegt, in denen gesetzlich angeordnet ist, dass bestimmte Tatbestände der Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV gleichstehen wie bspw. nach § 7 Abs. 1a-3 SGB IV. Das ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber ausdrücklich auf § 7 Abs. 1 SGB IV, nicht aber auf die folgenden Absätze des § 7 SGB IV Bezug nimmt. Die Tatbestände, in denen eine Beschäftigung nur fingiert wird, führen nicht zur Geltung des MuSchG.

 

Rz. 19

Für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses i. S. v. § 7 Abs. 1 SGB IV reicht es aus, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, bei dem grundsätzlich de...

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