Rz. 6

Bei den in Abs. 1 Sätze 2 bis 5 geregelten Tatbeständen, die zur Verschiebung des Bemessungszeitraums führen, handelt es sich um gesetzlich geregelte, grds. nicht analogiefähige Sonderfälle, die nur in den geregelten Konstellationen greifen. Der Gesetzgeber beschreibt diese Tatbestände als "Ausklammerungstatbestände"[1], was die Intention aber unvollständig beschreibt. Es handelt sich nach Sinn, Zweck und Funktion um "Streckungstatbestände". Das sind Sachverhalte, die den Regelbemessungszeitraum der letzten 12 Kalendermonate der Vergangenheit strecken und damit in die Vorvergangenheit verlängern. Hintergrund der Vorschriften ist es, ausnahmsweise das Absinken des Elterngelds durch geringeres oder gar fehlendes monatliches Erwerbseinkommen im Regelbemessungszeitraum des Abs. 1 Satz 1, also der letzten 12 Kalendermonate vor der Geburt des Kindes, zu vermeiden.[2] Denn wenn im Regelbemessungszeitraum in einem oder mehreren Kalendermonaten kein oder nur ein verringertes Erwerbseinkommen bezogen wurde, führt dies grds. zu einer Minderung des Durchschnittseinkommens im Bemessungszeitraum und damit zu einem niedrigeren Elterngeld im Elterngeldbezugszeitraum. Die Ursachen hierfür sind grds. unerheblich (Krankheit, die zu vermindertem Einkommen in Form von Krankengeld führt; Arbeitslosigkeit, die zu vermindertem Einkommen in Form von Arbeitslosengeld führt; Unfall, der zu vermindertem Einkommen in Form von Verletztengeld führt etc.). In den nachfolgend aufgeführten 4 grundsätzlichen Konstellationen des Abs. 1 Satz 2 sieht der Gesetzgeber vor, dass einzelne Kalendermonate bei der Bestimmung der 12 für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes heranzuziehenden Kalendermonate übersprungen werden und damit unberücksichtigt bleiben.[3]

 

Rz. 7

Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 führen Kalendermonate, in denen die zum Elterngeldbezug berechtigte Person vor der Geburt des Kindes im Regelbemessungszeitraum mindestens einen Tag Basiselterngeld (nicht Elterngeld Plus) für ein älteres Kind (also im Zeitraum vom Tag der Geburt des älteren Kindes bis zu dessen vollendetem 14. bzw. ausnahmsweise [§ 4 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BEEG] 15.[4] Lebensmonat) bezogen hat (Erziehungsgeldbezug oder Elternzeitinanspruchnahme, ohne Elterngeldbezug, genügen nicht), zur Streckung des Bemessungszeitraums. Monate, in denen nach dem vollendeten 14. bzw. ausnahmsweise 15. Lebensmonat des älteren Kindes das zum 1.1.2015 eingeführte Elterngeld Plus für nach dem 30.6.2015 geborene bzw. mit dem Ziel der Adoption in den Haushalt aufgenommene Kinder bezogen wurde, sind hingegen bei der Berechnung des Elterngeldes für das jüngere Kind zu berücksichtigen[5], da sonst bei der Festlegung des Bemessungszeitraums des Elterngeldes für das jüngere Kind aufgrund des Elterngeldbezugs für das ältere Kind bis zu 36 Monate unberücksichtigt bleiben würden[6]. Dies würde zu einem weit in der Vergangenheit liegendem Rückgriff auf Einkünfte führen, die keinen Bezug mehr zur wirtschaftlichen Situation vor der Geburt des jüngeren Kindes hätten.[7]

 

Rz. 8

Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 führen Kalendermonate, in denen die zum Elterngeldbezug berechtigte Person im Regelbemessungszeitraum mindestens einen Tag während der Schutzfristen nach § 3 MuSchG (also in den letzten 6 Wochen vor und in den ersten 8 bzw. 12 Wochen nach der Entbindung) nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem SGB V, nach dem 2. KVLG oder nach § 18 MuSchG bezogen hat, zur Streckung des Bemessungszeitraums. Zwar wird § 18 MuSchG in Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 nicht ausdrücklich aufgeführt, seine Einbeziehung ergibt sich jedoch aus § 18 MuSchG selbst, weil diese Norm auf das Mutterschaftsgeld nach dem SGB V oder nach dem 2. KVLG verweist.[8] Der Streckungstatbestand des Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 knüpft dabei nicht ausschließlich an das Kind an, welches den Elterngeldanspruch auslöst, sondern ist auch erfüllt, wenn das Beschäftigungsverbot oder der Mutterschaftsgeldbezug aus der früheren Schwangerschaft mit einem älteren, den Elterngeldanspruch nicht auslösenden, Kindes resultiert.[9] Zu beachten ist bei diesem Streckungstatbestand, der verschiedene Alternativen regelt, zudem Folgendes: Die 1. Alternative (Beschäftigungsverbot während der Mutterschutzfristen) kommt nur zum Tragen, wenn die Schutzfristen von der (werdenden) Mutter tatsächlich in Anspruch genommen werden.[10] Die 2. Alternative (Bezug von Mutterschaftsgeld) knüpft nur an den tatsächlichen Bezug des Mutterschaftsgeldes für einen bestimmten Zeitraum an; auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung des Geldbetrages kommt es nicht an.[11] Im Übrigen hat der Gesetzgeber lediglich pauschal "für den häufig vorkommenden Fall, dass unmittelbar vor der Geburt kein Arbeitsentgelt, sondern Mutterschaftsgeld und ggf. zusätzlich ein Arbeitgeberzuschuss bezogen wurde", ausgeführt, dass in diesen Fällen "die letzten 12 Monate vor dem Bezug des Mutterschaftsgelds maßgeblich" sind.[12] Dies ist auch insgesamt sachgerecht, weil das Mutterschaftsgeld (auch das nach § 1...

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