1 Allgemeines

1.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Mit Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie v. 20.5.2020[1] wurde mit Rückwirkung ab 1.3.2020 eine Sonderreglung in § 27 BEEG neu geschaffen, die Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten oder die andere Einschränkungen hinnehmen mussten, das Meistern der unvorhersehbaren Ereignisse anlässlich der COVID-19-Pandemie erleichtern sollen. Als Folgeänderung ging mit der Neuregelung die Verschiebung der bisherigen Übergangsvorschriften des § 27 BEEG in § 28 BEEG einher (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie v. 20.5.2020). Abs. 4 wurde durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie (Beschäftigungssicherungsgesetz – BeschSiG) v. 3.12.2020[2] mit Inkrafttreten am 1.1.2021 geändert, indem die Sonderreglung verlängert, konkretisiert und an die allgemeine elterngeldrechtliche Systematik angepasst wurde.[3] Mit Art. 1 Nr. 24 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes v. 15.2.2021[4] wurden

  • mit Inkrafttreten am 1.9.2021 umsetzende und nicht mit einer Änderung der Rechtslage verbundene Folgeänderungen im Zuge der Neustrukturierung des § 4 BEEG in Abs. 1 eingefügt[5],
  • mit (rückwirkendem) Inkrafttreten am 28.5.2020 der besondere Vertrauensschutztatbestand im Hinblick auf den Bezug des Partnerschaftsbonus in Abs. 3 in zeitlicher Hinsicht ausgeweitet[6] und
  • mit Inkrafttreten am 1.9.2021 die befristete COVID-19-Pandemie bedingte Regelung zur ausnahmsweisen Nichtberücksichtigung von Einkommensersatzleistungen in den Elterngeldbezugsmonaten in Abs. 4 aufgehoben, weil mit Wirkung ab 1.9.2021 mit § 3 Abs. 1 Satz 4 BEEG eine dauerhafte Regelung desselben Inhalts statuiert wurde.[7]

Abs. 3 wurde durch Art. 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Verlängerung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes und weiterer Regelungen v. 18.3.2022[8] mit (rückwirkendem) Inkrafttreten am 19.3.2022 (Verlängerung der Geltungsdauer der Vertrauensschutzregelung für den Bezug des Partnerschaftsbonus bis zum 23.9.2022) abermals geändert.[9]

[1] BGBl. 2020 I S. 1061.
[2] BGBl. 2020 I S. 2691, 2692.
[3] BT-Drucks. 19/24481 S. 20.
[4] BGBl. 2021 I S. 239, 244.
[5] BT-Drucks. 19/24438 S. 37.
[6] BT-Drucks. 19/26242 S. 18.
[7] BT-Drucks. 19/26242 S. 19.
[8] BGBl. 2022 I S. 473, 474.
[9] BT-Drucks. 20/1055, S. 12.

1.2 Zweck und Systematik

 

Rz. 2

Die Norm bezweckt die mit den Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie einhergehenden Auswirkungen für Elterngeldberechtigte abzufedern. Im Einzelnen sehen die Normen Folgendes vor:

  • Abs. 1 ermöglicht das ausnahmsweise Aufschieben des Bezuges des Elterngeldes für Eltern, die in systemrelevanten Berufen tätig sind.
  • Abs. 2 ermöglicht das ausnahmsweise Aufschieben der Partnerschaftsmonate für Eltern, die in systemrelevanten Berufen tätig sind.
  • Abs. 3 ermöglicht das ausnahmsweise Erhalten der Partnerschaftsmonate.
  • Abs. 4 ermöglichte die ausnahmsweise Nichtberücksichtigung von Einkommensersatzleistungen in den Elterngeldbezugsmonaten.

2 Ausnahmsweise Verschiebung von Elterngeldbezugsmonaten (Abs. 1)

 

Rz. 3

§ 27 Abs. 1 BEEG ermöglicht Elterngeldberechtigten, die während der Corona-Krise selbst[1] in systemrelevanten Branchen und Berufen tätig sind, auf Antrag ihren Elterngeldbezug für ganze (nicht für geteilte) Bezugsmonate aufzuschieben. Mit dieser Regelung soll ein Anreiz für Eltern im Elterngeldbezug oder vor Antritt des Elterngeldbezuges geschaffen werden, ihre Tätigkeit in diesen Bereichen wieder aufzunehmen oder weiterhin tätig zu bleiben, ohne einen Nachteil im Elterngeld zu erfahren. Diese Möglichkeit ist auf die voraussichtliche Zeit der Krise vom 1.3.2020 bis 31.12.2020 begrenzt. Die Option des § 27 Abs. 1 BEEG wurde trotz Fortbestehens der Corona-Krise über den 31.12.2020 hinaus sowie trotz entsprechender parlamentarischer Initiativen[2] aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht verlängert, was insbesondere im Hinblick auf die Verlängerung der Optionen der §§ 2b Abs. 1 Satz 3, 27 Abs. 4 BEEG durch Art. 3 BeschSiG v. 3.12.2020 nicht stimmig und inkonsequent wirkt; einer "vorschriftenübergreifenden Analogie" steht jedoch entgegen, dass sich der Gesetzgeber bewusst nicht[3] für eine Verlängerung entschieden hat. Der Verschiebetatbestand gilt gleichermaßen für das Basiselterngeld wie auch für das Elterngeld Plus, weil er nicht zwischen den verschiedenen Elterngeldformen differenziert, sondern ganz generell an den Bezug von Elterngeld anknüpft.[4]

 

Rz. 4

Systemrelevante Berufe sind Tätigkeiten in Bereichen, die für das öffentliche Leben, die Sicherheit und die Versorgung der Bevölkerung unabdingbar sind. Es handelt sich insoweit um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der jeweils im Einzelfall zu konkretisieren ist. Hierzu zählen insbesondere Tätigkeiten in Einrichtungen, Behörden und Betrieben

  • zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Polizei, Zoll, Katastrophenschutz, Zivilschutz, Feuerwehr, Bundeswehr, Gerichte und Staatsanwaltschaften, Justizvollzugsanstalten, Wach- und Sicherheitsdienste, Gesundheitsweisen, Veterinärwesen, Leben...

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