Rz. 7

Für die Berechnung der Dauer der Elternzeit gelten die §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB.[1] Wird die Elternzeit von einem Berechtigten in vollem Umfang in Anspruch genommen, so endet die Elternzeit nach § 15 Abs. 2 BEEG i. d. R. an dem Tag vor dem 3. Geburtstag des Kindes.

 
Praxis-Beispiel

Ende der Elternzeit

Das Kind wurde am 12.5.2020 geboren und vollendet so mit Ablauf des 11.5.2023 das 3. Lebensjahr. Es wurde Elternzeit für die ersten 3 Lebensjahre des Kindes in Anspruch genommen.

Lösung:

Die Elternzeit endet somit am 11.5.2023, 24 Uhr, dies ist zugleich auch der Endzeitpunkt der Kündigungsfrist des § 19. Die Kündigungsfrist wird nun unter Anwendung der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB ermittelt.[2] Dies bedeutet, dass die Kündigung dem Arbeitgeber spätestens am 11.2.2023 zugegangen sein muss. Die Vorschrift des § 193 BGB findet keine Anwendung.[3] Selbst wenn der letzte Tag, an dem die Kündigungserklärung zugehen muss, ein Samstag (wie hier am 11.2.2023), ein Sonntag oder ein Feiertag ist, reicht der Zugang am folgenden Werktag (hier am Montag, den 13.2.2023) nicht. Daher bleibt es beim 11.2.2023 als dem letzten Tag zum fristgerechten Ausspruch der Kündigungserklärung. Faktisch muss der Arbeitnehmer aber für einen Zugang der Kündigungserklärung am letzten Werktag vor dem letzten rechnerisch möglichen Zugangstermin Sorge tragen, da nur da die maßgeblichen Stellen im Unternehmen besetzt sind.[4] Die Darlegungs- und Beweislast für den rechtzeitigen Kündigungszugang trägt der sich auf die Ausübung des Sonderkündigungsrechts berufende Arbeitnehmer.

 

Rz. 8

Die Kündigung kann bereits mit Beginn der Elternzeit zu deren Ende ausgesprochen werden.

Wird die Elternzeit nach § 16 Abs. 3 BEEG (Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) oder § 16 Abs. 4 BEEG (Tod des Kindes) vorzeitig beendet, ist der frühere Endzeitpunkt der maßgebliche Kündigungstermin für die Sonderkündigung nach § 19. Kann bei unvorhergesehener Verkürzung der Elternzeit die 3-Monatsfrist auch bei dieser Neuberechnung noch eingehalten werden oder ging dem Arbeitgeber mindestens 3 Monate vor dem vorzeitigen Ende der Elternzeit eine zum (ursprünglichen) Endzeitpunkt ausgesprochene Kündigung zu, so treten die Rechtsfolgen des § 19 ein.[5] Auch der Arbeitnehmer ist dann an die ausgesprochene Kündigung gebunden, selbst wenn das Motiv für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts weggefallen ist. Dies gilt selbst für den Fall des Todes des Kindes. Auch in diesem Fall ist die geplante Erziehung des Kindes nur Motiv der Kündigung, sodass die Kündigung Wirkung entfalten muss. Auch ein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers wird in diesen Fällen nicht angenommen.[6]

Ging die Kündigung dem Arbeitgeber aber weniger als 3 Monate vor dem geänderten neuen Endzeitpunkt der Elternzeit zu, so wird das Arbeitsverhältnis nicht bereits zum (geänderten) Ende der Elternzeit, sondern erst mit Ablauf der regelmäßigen Kündigungsfrist beendet. Eine Kündigung nach § 19 kommt mangels Einhaltung der danach maßgeblichen Kündigungsfrist nicht in Betracht und geht daher ins Leere. Ein Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 626 BGB ist nicht gegeben. Die ausgesprochene Kündigung ist nun in eine normale Kündigung unter der Einhaltung der maßgeblichen tariflichen, vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist umzudeuten. Ist die regelmäßige Kündigungsfrist kürzer als die des § 19 BEEG, so soll es aber bei dem ursprünglichen Beendigungstermin bleiben und der Arbeitnehmer an seine, mit Dreimonatsfrist ausgesprochene, Kündigung gebunden sein.[7]

 

Rz. 9

Versäumt der Arbeitnehmer die Frist des § 19, so wird das Arbeitsverhältnis nicht zum Ende der Elternzeit beendet, es endet zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist.[8]

 
Praxis-Beispiel

Vertragliche Kündigungsfrist gilt

Die Elternzeit endet am 30.4.2023, der Arbeitsvertrag sieht für beide Vertragspartner eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende vor. Am 24.2.2023 übergibt die in Elternzeit befindliche Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber eine Kündigung zum Ende der Elternzeit am 30.4.2023.

Lösung:

Die Kündigung kann nicht auf § 19 gestützt werden, da die 3-Monatsfrist vorliegend nicht eingehalten wurde. Nach der hier vertretenen Meinung gilt nun die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende, sodass die Kündigung erst zum 31.8.2023 wirkt.

Kündigt der Arbeitnehmer allerdings mit einer kürzeren Frist als § 19 vorsieht zum Ende der Elternzeit und erhebt der Arbeitgeber keine Einwendungen, dann soll das Arbeitsverhältnis als wirksam beendet anzusehen sein.[9] Dem Arbeitgeber ist daher anzuraten, zur Sicherheit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende der Elternzeit stets ausdrücklich zu widersprechen, will er sich nicht dem Einwand einer (stillschweigenden) Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung aussetzen. Allerdings macht dies nur in Fällen Sinn, in denen die ordentliche Kündigungsfrist über das Ende der Elternzeit hinausreicht und der Arbeitgeber kurzfristig keine Ersatzkraft...

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