Rz. 72

Nach Ende der Elternzeit leben die Pflichten automatisch wieder auf; eine für die Elternzeit bewilligte Verringerung der Arbeitszeit entfällt wieder. Der Arbeitnehmer ist dann wieder vertragsgerecht zu beschäftigen. § 10 Abs. 2 der Elternzeitrichtlinie RL 2019/1158/EU verlangt, dass der Arbeitnehmer nach Ende des Elternurlaubes das Recht hat, an seinen früheren oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zurückzukehren. Grundsätzlich ist er an demselben Arbeitsplatz wie vor Beginn der Elternzeit zu beschäftigen. Allerdings kann der Arbeitgeber ihm im Rahmen seines Weisungsrechtes nach § 106 GewO alle vertragsgerechten Tätigkeiten zuweisen. Sofern es sich dabei um eine Versetzung i. S. v. § 95 Abs. 3 BetrVG handelt, ist der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen. Ausgeschlossen ist aber eine Versetzung als sachgrundlose Reaktion auf die Elternzeit, weil das eine Maßregelung darstellen würde, die bereits nach § 612a BGB unzulässig ist.

Wenn das Arbeitsverhältnis vorher als Vollzeitarbeitsverhältnis bestanden hat, muss der Arbeitnehmer auch wieder in Vollzeit arbeiten. Einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit kann er dann nach § 8 oder § 9a TzBfG geltend machen. Diese Verringerung zielt aber auf eine dauerhafte oder vom Arbeitnehmer bestimmte befristete Verringerung der Arbeitszeit ab. Verweigert der Arbeitgeber diese Arbeitszeitverringerung, muss der Arbeitnehmer sie gerichtlich einklagen. Da die Arbeitszeit erst mit Rechtskraft des Urteils verringert ist, empfiehlt es sich, diesen Antrag rechtzeitig vor Ende der Elternzeit zu stellen und darüber zu verhandeln. Damit lässt sich vermeiden, dass der Arbeitnehmer im Weg der einstweiligen Verfügung versucht, eine vorläufige Reduzierung der Arbeitszeit zu erzielen.

 

Rz. 73

Häufig kommt es in der Praxis nach Ablauf der Elternzeit zu Konflikten, weil die Arbeitnehmerin die Versorgung ihres Kindes nicht sicherstellen kann, wenn sie wieder insbesondere Vollzeit arbeiten muss. Das ändert nichts an der Arbeitspflicht, allerdings kann sie in einer solchen Konfliktlage nach § 275 Abs. 3 BGB geltend machen, dass ihr die Erbringung der Arbeitsleistung unzumutbar ist, weil sonst das Kind unversorgt ist. Hält dieser Zustand an, kann er zu einer personenbedingten Kündigung führen. Allerdings setzt sich der Arbeitgeber dann möglicherweise dem Vorwurf einer mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung nach § 3 AGG aus, weil die Betreuung von kleinen oder kranken Kindern immer noch überwiegend von Frauen geleistet wird. Es ist daher wichtig, dass mit der Arbeitnehmerin die Möglichkeiten einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf erörtert und ggf. auch ausgeschöpft worden sind. Bleibt die Arbeitnehmerin ohne Ankündigung der Arbeit fern, ist damit das Arbeitsverhältnis nicht (stillschweigend) beendet, schon allein deshalb, weil der Aufhebungsvertrag nach § 623 BGB der Schriftform bedarf.

Hier kann der Arbeitgeber zu den angemessenen arbeitsrechtlichen Reaktionen greifen. Das bedeutet, dass zunächst einmal eine Abmahnung auszusprechen und zur Wiederaufnahme der Arbeit aufzufordern ist. Erst dann, wenn diese Abmahnung ohne Reaktion bleibt, kann der Arbeitgeber zum Mittel der (fristlosen) Kündigung greifen.

Kommt es im Anschluss an die Elternzeit nahtlos zu einer längeren Krankschreibung, ggf. mit wechselnden Diagnosen und unverminderter Entgeltfortzahlungspflicht bis zum Beginn einer neuen Mutterschutzfrist, kann der Arbeitgeber das Vorliegen von neuen Ersterkrankungen bestreiten und die Arbeitnehmerin zum näheren Nachweis auffordern.[1] Dass aufgrund der nahtlosen Krankschreibung der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist[2], ist naheliegend.

[2] S. dazu Reinhard/Zimmermann, EFZG, 1. Aufl. 2006, § 5 EFZG, Rz. 33.

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