Rz. 11

Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des ganzen Jahres, besteht auch nur ein anteiliger Anspruch auf Zusatzurlaub (§ 208 Abs. 2 SGB IX). Für jeden vollen Monat, in dem die Schwerbehinderteneigenschaft besteht, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs. Damit hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BAG korrigiert, die einen Anspruch auf den vollen Zusatzurlaub auch anerkannt hatte, wenn die Schwerbehinderung erst im laufenden Kalenderjahr entstand oder anerkannt wurde (BAG, Urteil v. 21.2.1995, 9 AZR 675/93 zu § 47 SchwbG[1]).

 

Beispiel

Ein bereits seit mehreren Jahren in Vollzeit an 5 Wochentagen beschäftigter Arbeitnehmer wird im September mit (Rück-)Wirkung zum 15.4. des Jahres als schwerbehinderter Mensch anerkannt.

Berechnung

Er hat einen Anspruch auf 8/12 des Zusatzurlaubs (8 Monate von Mai bis Dezember; da ein Anspruch nur für jeden vollen Monat besteht, hat er für April keinen Anspruch). Damit ergibt sich ein Anspruch auf Zusatzurlaub von 3,33 Tagen.

 

Rz. 12

Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind im Anerkennungsjahr auf volle Urlaubstage aufzurunden. Eine Abrundung findet nicht statt. Geringere Bruchteile sind ungekürzt in dem geringeren Umfang zu gewähren.[2]

Gegenüber Tarifverträgen tritt die gesetzliche Regelung nach § 208 Abs. 1 Satz 2 SGB IX zurück, wenn diese einen längeren Zusatzurlaub vorsehen.[3]

 

Beispiel

Eintritt der Schwerbehinderteneigenschaft am 15.8. des Jahres; damit besteht ein anteiliger Anspruch auf Zusatzurlaub von 4/12 (für 4 volle Monate September bis Dezember), d. h. 2 Tage (1,66 aufgerundet).

 

Rz. 13

Bei einem Ausscheiden innerhalb eines Kalenderjahres bleibt der Zusatzurlaub von einem eventuell im auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag vorgesehenen Zwölftelungsprinzip unberührt. Es handelt sich insoweit um einen gesetzlichen Anspruch, dessen Gehalt durch einen Tarifvertrag nicht geändert werden kann (BAG, Urteil v. 8.3.1994, 9 AZR 49/93[4]).

Der Zusatzurlaub kann – vom Fall des § 208 Abs. 2 SGB IX abgesehen – nicht noch einmal gemindert werden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht das gesamte Jahr bestand oder besteht (so im Ergebnis auch BAG, Urteil v. 24.10.2006, 9 AZR 669/05[5]).

 

Beispiel

Ein seit mehreren Jahren an 4 Tagen pro Woche beschäftigter Arbeitnehmer (30 Tage Tarifurlaub bei 5-Tage-Woche) kündigt zum 31.10.; der geltende Tarifvertrag sieht bei einem unterjährigen Ausscheiden – unter Wahrung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindesturlaub – eine Zwölftelung des Erholungsurlaubs vor:

Berechnung

Erholungsurlaub: bei 4-Tage-Woche 10/12 von 30 = 20 Arbeitstage

Zusatzurlaub: bei 4-Tage-Woche = 4 Arbeitstage

  • keine Zwölftelung nach § 208 Abs. 2 SBG IX: Schwerbehinderung bestand bereits während des gesamten Kalenderjahres
  • keine Zwölftelung analog Erholungsurlaub, da Tarifvertrag keinen Einfluss auf den gesetzlichen Zusatzurlaubsanspruch hat
[1] NZA 1995, 746.
[2] Dau/Düwell/Joussen-Düwell, SGB IX, 6. Aufl. 2021, § 208 SGB IX, Rz. 1; Cramer, NZA 2004, 698, 711.
[3] S. Rz. 10.
[4] NZA 1994, 1095; ErfK/Rolfs, 22. Aufl. 2022, § 208 SGB IX, Rz. 3.
[5] Zu Ziff. 2.3 der Gründe.

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