Rz. 7

Der Anspruch auf Zusatzurlaub beträgt 5 Arbeitstage, sofern die individuelle Arbeitszeit regelmäßig auf 5 Tage pro Woche verteilt ist.

Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf mehr oder weniger als 5 Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend, § 208 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB IX. Sinn und Zweck dieser Regelung ist der Grundgedanke, dass der schwerbehinderte Mensch durch den Zusatzurlaub grundsätzlich eine zusätzliche (Kalender-)Woche bezahlte Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeit haben soll. Maßgeblich bei der Berechnung des Zusatzurlaubs ist deshalb immer die persönliche Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen.

 

Beispiel

Variante 1

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer arbeitet regelmäßig nur an 3 Tagen pro Woche. Er hat Anspruch auf Zusatzurlaub von (lediglich) 3 Arbeitstagen.

Variante 2

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer – z. B. im Einzelhandel – arbeitet regelmäßig an 6 Tagen pro Woche. Er hat Anspruch auf Zusatzurlaub von 6 Arbeitstagen.

 

Rz. 8

Für die Berechnung des Zusatzurlaubs gelten grundsätzlich die vom BAG zum (allgemeinen) Erholungsurlaub nach dem BUrlG aufgestellten Grundsätze.

 

Rz. 9

Ist der schwerbehinderte Arbeitnehmer in Teilzeitarbeit tätig, ergeben sich dann keine Besonderheiten, wenn er an allen Arbeitstagen der Woche beschäftigt ist, d. h. an diesen Tagen lediglich verkürzt arbeitet. Da der Zusatzurlaubsanspruch auf die tageweise Freistellung bezogen ist, hat der Teilzeitbeschäftigte in diesem Fall den gleichen Urlaubsanspruch wie ein Vollzeitbeschäftigter.

 

Beispiel

Arbeitet ein schwerbehinderter Arbeitnehmer 20 Stunden pro Woche und ist die Arbeitszeit auf 5 Arbeitstage von Montag bis Freitag (jeweils von 8.30 bis 12.30 Uhr) verteilt, hat er einen Zusatzurlaubsanspruch von 5 Arbeitstagen.

Arbeitet ein schwerbehinderter Arbeitnehmer in Teilzeit und verteilt sich die Arbeitszeit auf weniger als 5 Tage in der Woche, hat er einen gesetzlichen Zusatzurlaubsanspruch von einem Tag je Arbeitstag, den er regelmäßig pro Woche arbeitet, unabhängig davon, wie viel Stunden er an diesem Tag zu leisten hat.

 

Beispiel

Nach BAG, Urteil v. 31.5.1990, 8 AZR 296/89

Die Arbeitszeit eines schwerbehinderten Arbeitnehmers ist abwechselnd auf wöchentlich 2 und 3 Arbeitstage verteilt.

Bezogen auf das Jahr mit 52 Kalenderwochen ist die Arbeitszeit des Arbeitnehmers an 26 Wochen auf 3 Arbeitstage und an 26 Wochen auf 2 Arbeitstage verteilt. Damit ergeben sich für ihn insgesamt 130 Arbeitstage im Jahr. Gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Arbeitszeit sich auf alle Arbeitstage des Jahres bei 5 Arbeitstagen der Woche verteilt, steht ihm damit ein Zusatzurlaubsanspruch von 2,5 Tagen zu.

Nach der Rechtsprechung des BAG zu § 47 SchwbG war der über 2 Urlaubstage hinausgehende Bruchteil von 0,5 Urlaubstagen weder auf- noch abzurunden (BAG, Urteil v. 31.5.1990, 8 AZR 296/89[1] und BAG, Urteil v. 26.1.1989, 8 AZR 730/87[2]). Nach § 208 Abs. 2 Satz 2 SGB IX sind Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden. Diese Rundungsregel betrifft aber nur das Kalenderjahr, in dem die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Jahres vorliegt. § 208 Abs. 2 Satz 2 SGB IX ist wegen seines Ausnahmecharakters nicht auf § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX analog anzuwenden[3], d. h., eine Aufrundung findet nicht statt.[4] Bruchteile von Zusatzurlaubstagen, die nicht mindestens einen halben Tag ergeben, werden allerdings auch nicht abgerundet. § 208 SGB IX enthält keine Regelung, die insoweit eine Veränderung dieses Bruchteils ermöglicht; eine Abrundung kommt deshalb nicht in Betracht.[5]

 

Rz. 10

Gegenüber Tarifverträgen tritt die gesetzliche Regelung nach § 208 Abs. 1 Satz 2 SGB IX zurück, wenn diese einen längeren Zusatzurlaub vorsehen. Ein eigenständiger tariflicher Anspruch in diesem Sinne besteht jedoch nicht, wenn ein Tarifvertrag auf die vor dem 1.1.1987 bestehende günstigere gesetzliche Regelung verweist oder sie lediglich wortgleich wiederholt (BAG, Urteil v. 9.6.1988, 8 AZN 39/88 zu § 125 SGB IX a. F.[6] und BAG, Urteil v. 18.2.1997, 9 AZR 738/95[7]). Ist der tarifliche Zusatzurlaub kürzer oder gleich lang, bleibt das Gesetz maßgebend. Wenn tariflich bereits ein Zusatzurlaub von einer Woche vorgesehen ist, tritt dazu nicht noch einmal der Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX hinzu; d. h., die beiden Regelungen werden nicht addiert. Vielmehr bleibt es dann bei dem Zusatzurlaub von insgesamt einer Woche, wenn der Tarifvertrag nicht ausdrücklich eine andere Regelung beinhaltet. Nur über den nach dem Gesetz hinausgehender sonstiger Zusatzurlaub bleibt unberührt.[8]

Gleiches gilt für betriebliche oder sonstige, z. B. landesrechtliche Regelungen, die in der Praxis aber kaum eine Rolle spielen. Der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen kann grundsätzlich auch Gegenstand einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung sein (vgl. LAG Hessen, Urteil v. 28.4.1987, 11 Sa 609/86[9]).

[1] NZA 19...

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