1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 19 JArbSchG regelt den Urlaubsanspruch und die Urlaubsdauer der jugendlichen Beschäftigten teilweise in Abweichung von den allgemeinen, sich aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ergebenden Bestimmungen.[1] Zweck der abweichenden Regelungen durch eine dem Alter des Jugendlichen entsprechende Gestaltung der Urlaubsdauer ist zum einen die grundsätzlich erhöhte Schutzbedürftigkeit und die gegenüber Erwachsenen noch erhöhte körperliche und geistige Regenerationsbedürftigkeit. Zum anderen will der Gesetzgeber dem Jugendlichen die mit dem Verlassen der Schule (insgesamt ca. 85 Ferientage pro Jahr) und dem Eintreten in die Berufswelt verbundene Zäsur erleichtern.[2]

 

Rz. 2

Obwohl Verstöße gegen die normierte Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubserteilung eine Ordnungswidrigkeit bzw. unter Umständen sogar eine Straftat darstellen (s. unter 7), ist die Urlaubsgewährung für Jugendliche dennoch keine öffentlich-rechtliche Pflicht, es handelt sich vielmehr um die Ausgestaltung eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses im Wege einer gesetzlichen Bestimmung von Rechten und Pflichten des Arbeitgebers und des jugendlichen Arbeitnehmers. Demzufolge ist § 19 JArbSchG eine Norm des Privatrechts.[3]

[1] S. Zimmermann, § 1 BUrlG, Rz. 4.
[2] BT- Drucks. 7/2305 S. 31.
[3] Zutreffend Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl. 2001, § 19 JArbSchG, Rz. 1; ErfK/Schlachter, 24. Aufl. 2024, § 19 JArbSchG, Rz. 1.

2 Anwendungsbereich

2.1 Räumliche Voraussetzungen

 

Rz. 3

Entsprechend dem für das JArbSchG geltenden Territorialitätsprinzip finden die Regelungen des § 19 JArbSchG in der gesamten Bundesrepublik einschließlich der Beschäftigung durch ausländische Arbeitgeber in sich in Deutschland befindenden Zweigstellen Anwendung, ohne dass es auf die Nationalität oder Wohnsitze der Betroffenen ankäme.[1]

[1] Zutreffend die h. M. Zmarzlik/Anzinger, JArbSchG, 5. Aufl. 1998, § 1 JArbSchG, Rz. 3.

2.2 Persönliche Voraussetzungen

 

Rz. 4

§ 19 JArbSchG regelt den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub für Jugendliche. Nach § 2 Abs. 2 JArbSchG ist Jugendlicher, wer 15, jedoch noch nicht 18 Jahre alt ist. Nach der Stichtagsregelung in § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JArbSchG ist für die Berechnung des Urlaubsanspruchs der Beginn des Kalenderjahres, d. h. der 1.1. eines Kalenderjahres maßgeblich. Mithin ist auch auf einen bereits am 2.1. eines Jahres volljährig werdenden Beschäftigten die Norm bis zum Ablauf des Kalenderjahres anzuwenden, im Falle der Übertragung des Urlaubs auf das folgende Jahr ggf. auf einen 19-jährigen Beschäftigten.[1]

 

Beispiel

Ein jugendlicher Arbeitnehmer, welcher am 1.1. eines Jahres 16 Jahre alt wird, erhält in diesem Jahr nur 27 Urlaubstage, während ein am 2.1. oder später im gleichen Jahr geborener Jugendlicher noch 30 Urlaubstage erhält.

Kinder (nach § 2 Abs. 1 JArbSchG alle noch nicht 15-Jährigen) fallen grundsätzlich nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des § 19 JArbSchG, allerdings hat der Gesetzgeber in § 5 JArbSchG (grundsätzliches Verbot der Kinderbeschäftigung und Ausnahmen) die Anwendung von § 19 JArbSchG auch auf solche Beschäftigungen angeordnet, die Kinder betreffen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Beschäftigung eines Kindes erlaubt war. Ob bei verbotener Beschäftigung gleichwohl ein Anspruch nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses[2] oder richtigerweise über einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 19 JArbSchG[3] begründet wird, spielt für die Praxis keine Rolle.

[1] Zmarzlik/Anzinger, JArbSchG, 5. Aufl. 1998, § 19 JArbSchG, Rz. 4; ErfK/Schlachter, 24. Aufl. 2024, § 19 JArbSchG, Rz. 4.
[2] So z. B. Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl. 2001, § 19 JArbSchG, Rz. 5 f.
[3] ErfK/Schlachter, 24. Aufl. 2024, § 19 JArbSchG, Rz. 3; Zmarzlik/Anzinger, JArbSchG, 5. Aufl. 1998, § 19 JArbSchG, Rz. 6.

2.3 Sachliche Voraussetzungen

 

Rz. 5

§ 19 JArbSchG ist auf alle Beschäftigungen gem. § 1 Abs. 1 JArbSchG (Berufsausbildung, originäres Arbeitsverhältnis, Beschäftigung im Bereich der Heimarbeit sowie jeweils die genannten ähnlichen Rechtsverhältnisse) einschließlich des öffentlichen Dienstes anzuwenden. Einzige Ausnahme ist der Bereich Seeschifffahrt; hier gelten insoweit vorrangige Sondervorschriften für jugendliche Seeleute nach dem Seemannsgesetz.

 

Rz. 6

Die Norm ist zwingendes Recht. Weder lässt § 19 Abs. 4 JArbSchG die Anwendung von § 13 Abs. 1 und Abs. 2 BUrlG zu, noch sieht § 21a von § 19 JArbSchG abweichende Regelungen vor. Demnach kann von den Regelungen auch in Tarifverträgen nicht zuungunsten der Jugendlichen abgewichen werden. Eine Ausnahme besteht lediglich für Tarifverträge im Bereich der Deutschen Bahn AG sowie für den Bereich der Bundespost-Nachfolgeunternehmen (§ 19 Abs 4 Satz 1 JArbSchG i. V. m. § 13 Abs. 3 BUrlG[1]).

Allgemein gilt für § 19 JArbSchG allerdings das Günstigkeitsprinzip, sodass lediglich Regelungen zuungunsten der Anspruchsberechtigten unzulässig (und nach § 134 BGB nichtig) sind.[2] Günstigere Regelungen können daher immer vereinbart werden, wobei stets jede vereinbarte Regelung günstiger als die gesetzliche sein muss.[3]

[1] S. hierzu Zimmermann, § 13 BUrlG, Rz. 79.
[2] Zmarzlik/An...

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