Rz. 130

Der Tatbestand der Nr. 3 ist gegeben, wenn aufgrund vom Betriebsrat vorzubringender Tatsachen die Besorgnis besteht, dass einem schon im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt werden muss, wobei auch eine Änderungskündigung ausreicht (BAG, Beschluss v. 30.8.1995, 1 ABR 11/95[1]) oder sonstige Nachteile, z. B. Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes oder Verschlechterung oder Erschwerung der Arbeitsbedingungen, drohen. Sonstige Nachteile im Sinne der Vorschrift sind nicht unerhebliche Verschlechterungen in der tatsächlichen oder rechtlichen Stellung eines Arbeitnehmers (BAG, Beschluss v. 17.6.2008, 1 ABR 20/07[2]). Es muss also eine Kausalität zwischen der Maßnahme und den Nachteilen bestehen. Im Zustimmungsersetzungsverfahren hat der Betriebsrat insoweit die objektive Beweislast.[3]

Das Zustimmungsverweigerungsrecht besteht also bereits, wenn nur die Gefahr besteht, dass Nachteile für andere Arbeitnehmer des Betriebs eintreten. Die Besorgnis muss aber durch Tatsachen begründet sein. Eine auf Vermutungen beruhende Befürchtung reicht also nicht aus, sondern der Betriebsrat muss Tatsachen vortragen, die seine Befürchtung rechtfertigen.[4]

 

Rz. 130a

Ein Nachteil kann auch in der Versagung der beruflichen Entwicklung anderer Arbeitnehmer, insbesondere in der Nichtberücksichtigung eines Bewerbers um eine Beförderungsstelle liegen, wenn hierauf ein Rechtsanspruch oder eine rechtserhebliche Anwartschaft, nicht nur eine Chance, besteht (BAG, Beschluss v. 13.6.1989, 1 ABR 11/88[5]). Der Arbeitnehmer muss über eine rechtlich geschützte Position verfügen, die durch die beabsichtigte Beförderung eines anderen Bewerbers gefährdet wird. Es gibt aber keinen allgemeinen Anspruch auf Beförderung, der bloße Verlust einer Beförderungschance allein oder die Nichterfüllung der bloßen Erwartung eines Arbeitnehmers, selbst den anderweit besetzten Arbeitsplatz zu erhalten, ist kein Nachteil (BAG, Beschluss v. 18.11.2002, 1 ABR 56/01[6]; BAG, Beschluss v. 17.6.2008, 1 ABR 20/07[7]).

 

Rz. 131

Fallen die Arbeitsplätze mehrerer vergleichbarer Arbeitnehmer weg und stehen nur für einen Teil dieser Arbeitnehmer andere Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung, sodass eine Sozialauswahl vorzunehmen ist (§ 1 Abs. 3 KSchG), begründet die Versetzung eines Arbeitnehmers auf einen der freien Arbeitsplätze im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG die Besorgnis, dass einem anderen Arbeitnehmer infolge dieser Maßnahme gekündigt wird (BAG, Beschluss v. 30.8.1995, 1 ABR 11/95[8]).

 

Rz. 132

Wird mit einem Arbeitnehmer nach Antritt seiner Elternzeit vereinbart, dass er auf seinem bisherigen Arbeitsplatz aushilfsweise eine befristete Teilzeitbeschäftigung aufnehmen soll, liegt hierin eine Einstellung i. S. d. § 99 BetrVG. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung hierzu verweigern, wenn das vorübergehend frei gewordene Arbeitsvolumen anderen Arbeitnehmern übertragen worden ist (BAG, Beschluss v. 28.4.1998, 1 ABR 63/97[9]).

 

Rz. 133

Bei einer unbefristeten Einstellung gilt als Nachteil auch die Nichtberücksichtigung eines gleichgeeigneten befristet Beschäftigten. Hierdurch wird dem Betriebsrat zur Aufgabe gemacht, darauf zu achten, dass im Betrieb befristet beschäftigte Arbeitnehmer eine Chance erhalten, in ein Dauerarbeitsverhältnis zu wechseln. Voraussetzung für ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats ist, dass ein externer Bewerber oder ein Arbeitnehmer eines anderen Betriebs des Unternehmens im Wege der Versetzung einen Dauerarbeitsplatz erhalten soll. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er grundsätzlich bei der Besetzung von "unbefristeten Stellen" zu prüfen hat, ob im Betrieb geeignete befristet Beschäftigte vorhanden sind.

 

Rz. 134

Der Arbeitgeber hat bei der Eignungsbeurteilung des befristet Beschäftigten einen Beurteilungsspielraum; er kann das Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle in jeder Hinsicht frei festlegen.[10] Der Arbeitgeber muss aber eine Nichteignung mit Tatsachen belegen, die reine Behauptung reicht nicht aus.[11]

 

Rz. 135

§ 99 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BetrVG ist nicht einschlägig, wenn ein "unbefristeter" Arbeitsplatz ausschließlich betriebsintern vergeben wird und sich mehrere Beschäftigte bewerben.[12]

 
Praxis-Tipp

Ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BetrVG besteht nicht, wenn ein Arbeitnehmer zunächst befristet eingestellt wird und später sein Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt wird.

 

Rz. 136

Die Zustimmung kann selbst bei Vorliegen eines Nachteils nicht verweigert werden, wenn die Kündigung oder der Eintritt der sonstigen Nachteile durch betriebliche oder persönliche Gründe gerechtfertigt ist, was vom Arbeitgeber darzulegen ist.

 
Praxis-Beispiel

Gewinnung eines besonders qualifizierten Bewerbers (auch gegen ungewöhnlich hohe Vergütung); die aufgrund der fachlichen Nichteignung eines Arbeitnehmers erfolgende Versetzung.

 

Rz. 136a

Hat ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer den Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit nach § 9 TzBfG geltend gemacht und bea...

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