Rz. 39

Eine Eingruppierung i. S. v. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmtenEntgeltgruppe, die meist durch bestimmte Tätigkeitsmerkmale sowie bisweilen auch durch Merkmale wie Lebensalter oder die Zeit der Berufstätigkeit beschrieben ist (BAG, Beschluss v. 13.08.2019, 1 ABR 10/18[1]; BAG, Beschluss v. 23.9.2003, 1 ABR 35/02[2]), zuzuordnen ist (BAG, Beschluss v. 12.1.2011, 7 ABR 34/09). Eine Eingruppierung ist also die erstmalige Einreihung in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung (BAG, Beschluss v. 19.4.2012, 7 ABR 52/10[3]). Diese Beurteilung hat der Arbeitgeber bei jeder Einstellung und Versetzung vorzunehmen. Voraussetzung ist neben der Zuständigkeit des Betriebsrats für den Betrieb, dass die im Betrieb bestehende Vergütungsordnung für den Arbeitnehmer zur Geltung kommt (BAG, Beschluss v. 8.12.2009, 1 ABR 66/08[4]). Dies ist dann der Fall, wenn die maßgebliche Vergütungsordnung im Betrieb gilt, nicht entscheidend ist dabei eine Tarifgeltung aufgrund ist einer beiderseitigen Tarifbindung oder einer Bezugnahme im Arbeitsvertrag (BAG, Beschluss v. 4.5.2011, 7 ABR 10/10[5]). Es wird erstmals die für die Entlohnung des Arbeitnehmers maßgebende Lohn- oder Gehaltsgruppe festgelegt. Die Eingruppierung verlangt die Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter eine bestimmte Ordnung.[6] Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, dessen Eingruppierung bereits erfolgt ist, eine veränderte Tätigkeit zu, ist er gehalten, die Übereinstimmung mit der bisherigen Eingruppierung zu überprüfen. Gelangt er dabei zu dem Ergebnis, der Arbeitnehmer sei aufgrund der geänderten Tätigkeit einer anderen Vergütungsgruppe zuzuordnen, liegt eine Umgruppierung vor (BAG, Beschluss v. 03.07.2019, 4 ABR 28/18;[7] BAG, Beschluss v. 23.01.2019, 4 ABR 56/17[8]). Bei tariflichen Regelungen sind die Arbeitsentgelte grundsätzlich nach Vergütungsgruppen gestaffelt, die sich nach der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit richten. Rechtlich zu beurteilen ist dann, welcher Vergütungsgruppe die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entspricht (BAG, Beschluss v. 12.12.2006, 1 ABR 13/06[9]).

 

Rz. 39a

Die Eingruppierung ist keine in das Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 und 2 BetrVG besteht daher in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG reicht aber nicht weiter als die Notwendigkeit zur Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber. Es soll dazu beizutragen, hinsichtlich der Eingruppierung möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen, und dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung des Vergütungsschemas und damit der Durchsetzung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und Transparenz der Vergütungspraxis (BAG, Beschluss v. 26.9.2018, 7 ABR 18/16; BAG, Beschluss v. 19.10.2011, 4 ABR 119/09[10]). Es bezieht sich sowohl auf die Frage, welche Vergütungsordnung (z. B. welcher Tarifvertrag) anzuwenden ist, als auch auf die zutreffende Einordnung in dieses Schema (BAG, Beschluss v. 27.6.2000, 1 ABR 36/99[11]). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in den Fällen der Ein- und Umgruppierung besteht nicht in der Mitwirkung bei einer erst rechtsgestaltenden Maßnahme des Arbeitgebers.

 
Praxis-Beispiel

Fälle der Stufenvorweggewährung oder der Gewährung einer erhöhten Endstufe nach § 20 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA unterliegen nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG. Die Arbeitgeberin bekundet keine Rechtsansicht, sie trifft vielmehr eine konstitutiv-gestaltende Entscheidung, sie reiht die Arbeitnehmer bzw. deren Tätigkeiten nicht in die Vergütungsordnung nach dem TV-Ärzte/VKA ein, sondern gewährt oder zahlt aufgrund einer tariflichen Ermächtigung – im Einzelfall – ein außerhalb der Stufenschemata von §§ 19 f. TV-Ärzte/VKA stehendes Entgelt (BAG, Beschluss v. 12.06.2019, 1 ABR 30/18[12]).

Das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ist ein einheitliches Verfahren, das die Ein- oder Umgruppierung in allen ihren Teilen erfasst. Auch wenn die Eingruppierungsentscheidung mehrere Fragestellungen beinhaltet, kann der Arbeitgeber das Mitbestimmungsverfahren nicht auf einzelne Teile beschränken. Eine nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Eingruppierung liegt nur dann vor, wenn alle Teilfragen zutreffend beurteilt worden sind; eine "Teileingruppierung" steht einer unrichtigen, unzutreffenden Eingruppierung gleich. Es erstreckt sich nicht nur auf die Bestimmung der Lohn- oder Gehaltsgruppe, sondern auch auf die der richtigen Fallgruppe, wenn damit unterschiedliche Rechtsfolgewirkungen, wie z. B. ein Bewährungsaufstieg verbunden sein können (BAG, Beschluss v. 27.7.1993, 1 ABR 11/93[13]), ferner auf die zutreffende Auswahl zwischen einer Vergütungsordnung, sowie die Einreihung in die zutreffende, auch Beschäftigungszeiten oder Lebensaltersstufe...

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