Rz. 15

Rechtsstreitigkeiten über Auswahlrichtlinien werden von den Arbeitsgerichten im Beschlussverfahren entschieden (§ 2a ArbGG, §§ 80 ff. ArbGG). Potenzielle Streitgegenstände sind Inhalt und Umfang des Mitbestimmungsrechts, insbesondere wie die Gegenstände der Mitbestimmung (Einstellung, Versetzung, Umgruppierung und Kündigung) begrifflich auszulegen sind. Die Auslegung entspricht derjenigen von Betriebsvereinbarungen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsvereinbarungen wegen ihrer normativen Wirkung wie Tarifverträge auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang der Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner Sinn und Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 17.12.2007, 4 TaBV 3/07; BAG, Beschluss v. 13.3.2007, 1 AZR 262/06).

 

Rz. 16

Können sich die Betriebspartner nicht über die Zweckmäßigkeit des Inhalts einer Auswahlrichtlinie einigen, entscheidet hierüber die Einigungsstelle ebenso verbindlich, wie über die Frage, ob derartige Richtlinien überhaupt aufgestellt werden sollen (BAG, Beschluss v. 14.1.2014, 1 ABR 49/12[1]). Wegen der in § 95 Abs. 1 BetrVG normierten Zustimmungspflichtigkeit durch den Betriebsrat, ist in diesem Fall nach ganz herrschender Meinung ausschließlich der Arbeitgeber berechtigt, die Einigungsstelle anzurufen.[2]

 

Rz. 17

Die vom Arbeitgeber einseitig ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechts aufgestellten Richtlinien sind nicht ohne weiteres wirksam. Indes ist das Arbeitsgericht im Fall eines Kündigungsprozesses berechtigt, deren Inhalt zu prüfen. Darüber hinaus ist auch ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG in Betracht zu ziehen.

[1] NZA-RR 2014, 356.
[2] Fitting, § 95 Rz. 31.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge