Rz. 20

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze nach § 94 Abs. 2 BetrVG erstreckt sich auch auf die Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens. Vollzieht sich dieses auf der Grundlage von Mitarbeitergesprächen, werden diese vom Mitbestimmungsrecht erfasst (BAG, Beschluss vom 17. 3.2015, 1 ABR 48/13[1]). Beurteilungsgrundsätze sind Regelungen, welche die Bewertung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer verobjektivieren und nach einheitlichen Kriterien ausrichten sollen, damit Beurteilungserkenntnisse miteinander verglichen werden können[2] (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 6.3.2009, 9 TaBV 347/08[3]). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 94 Abs. 2 letzter Halbs. BetrVG bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen setzt nicht notwendig voraus, dass die vom Arbeitgeber angewandten allgemeinen Grundsätze schriftlich verkörpert sind. Es genügt, wenn der Arbeitgeber auf der Grundlage von formularmäßig erhobenen Leistungsdaten regelmäßig gegenüber Arbeitnehmern Rügen oder Belobigungen ausspricht, ohne die Kriterien dafür betrieblich offenzulegen (LAG Niedersachsen, Beschluss v. 6.3.2007, 11 TaBV 101/06[4]). Auch sie ermöglichen, wie ein Personalfragebogen, die Beurteilung des Arbeitnehmers. Sollen die Beurteilungsgrundsätze unternehmenseinheitlich gelten, ergibt sich schon daraus ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung, sodass der Gesamtbetriebsrat die Zustimmung zu erteilen hat (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 6.3.2009, 9 TaBV 347/08[5]; vgl. hierzu auch: LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 6.6.2008, TaBV 4/08). Die Beurteilung im Einzelfall ist indes nicht mitbestimmungspflichtig. Von § 94 Abs. 2 BetrVG erfasst werden insbesondere auch standardisierte Bewertungen von Bewerbern oder Arbeitnehmern für bestimmte Aufgaben sowie die hierbei angewendeten Verfahren (sog. Assessmentcenter). Bei der Einführung und Verwendung von Formularen zu Kassendifferenzen handelt es sich weder um Personalfragebögen, noch um die Einführung von Beurteilungsgrundsätzen (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 19.4.2011, 7 TaBV 556/11). Auch Assessmentcenter stellen in der Regel keine allgemeinen Beurteilungsgrundsätze nach § 94 Abs. 2 BetrVG dar, da es regelmäßig bereits an einer Allgemeinheit der Grundsätze fehle. Auch die vorgelagerte Bewertung und Beurteilung der Qualifikationen des Bewerbers spricht gegen die Annahme allgemeiner Bewertungsgrundsätze. Dem Betriebsrat kommt bei Assessmentcentren deshalb im Regelfall kein Beteiligungsrecht zu[6].

 

Rz. 20a

Die Einigungsstelle ist nicht befugt, im Rahmen eines streitigen Spruchs Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu erweitern. Verpflichtet die Einigungsstelle den Arbeitgeber, Stellenbeschreibungen als Grundlage für eine spätere Leistungsbeurteilung anzufertigen, überschreitet sie die ihr zugewiesenen Kompetenzen. Hierzu ist der Arbeitgeber – auch und gerade nach den Rechtsgrundsätzen des Betriebsverfassungsgesetzes – gerade nicht verpflichtet. Darüber hinaus unterfällt die Anfertigung von Stellenbeschreibungen auch nicht dem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 23.5.2012, 5 TaBV 2/12[7]). Die in den Funktionsbeschreibungen festgelegten Funktionen der Arbeitnehmer können zwar eine tatsächliche Grundlage für die Leistungsbeurteilung abgeben. Ob sie dazu verwendet werden sollen oder ob eine Beurteilung auf anderen Kriterien aufbauen soll, ist jedoch erst dann zu entscheiden, wenn Beurteilungsgrundsätze vereinbart werden sollen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats schon bei der Erstellung der Funktionsbeschreibung als möglicher Grundlage einer Leistungsbeurteilung gewährt § 94 Abs. 2 BetrVG aber gerade nicht (BAG, Beschluss v. 14.1.1986, 1 ABR 82/83[8]).

[1] NZA 2015, 885.
[2] Fitting, § 94 Rz. 29.
[3] AE 2009, 206.
[4] ArbRB 2007, 353.
[5] AE 2009, 206.
[6] Köhler, GWR 2013, 132.
[7] LAGE § 76 BetrVG 2001 Nr. 5 (Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 1 ABR 49/12).
[8] DB 1986, 1286.

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