Rz. 10

Besteht zwischen den Betriebsparteien Streit über die Vorschlags- und Erörterungsrechte des Betriebsrats, entscheiden die Arbeitsgerichte ausschließlich im Beschlussverfahren (§ 2a ArbGG; §§ 80 ff. ArbGG). Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Arbeitgeber nach Einschätzung des Betriebsrats seiner Begründungspflicht nicht oder nicht in angemessenem Umfang nachkommt. Das Gesetz gewährt dem Betriebsrat einen Erfüllungsanspruch. Bei Verletzung der dem Arbeitgeber obliegenden Verpflichtungen kommt ein Antrag nach § 23 Abs. 3 BetrVG in Betracht.[1]

 

Rz. 11

Konflikte drohen in der Praxis aufgrund des Verhältnisses zwischen dem Initiativrecht nach § 92a BetrVG einerseits und anderen Mitbestimmungsrechten andererseits (z. B. nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitgeber ersucht den Betriebsrat um Erteilung seiner Zustimmung für eine Überstundenregelung, damit ein für den Betrieb existenznotwendiger Auftrag fristgerecht erbracht werden kann. Der Betriebsrat beabsichtigt, seine Zustimmung mit der Begründung zu verweigern, die Beschäftigung müsse gefördert werden, indem Überstunden abgebaut und neue Arbeitskräfte eingestellt werden.

Im Konfliktfall hat der Aspekt der Beschäftigungsförderung aus Schutzzweckgesichtspunkten hinter dem der Beschäftigungssicherung bezüglich der bestehenden Belegschaft zurückzutreten. Darüber hinaus vermag der Betriebsrat seine ablehnende Haltung auch nicht auf § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu stützen, da die Beschäftigungsförderung dort eben nicht den Normzweck darstellt.[2]

 

Rz. 12

§ 92a BetrVG begründet Rechte und Pflichten ausschließlich im Verhältnis zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Dagegen entfaltet die Vorschrift keine unmittelbaren Rechtswirkungen für das Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer. Wenn der Arbeitgeber etwa seiner Beratungs- oder Begründungspflicht nach § 92a BetrVG nicht ausreichend nachgekommen sein sollte, so hat dies keine Auswirkungen auf sein Kündigungsrecht (BAG, Urteil v. 18. 10. 2006, 2 AZR 434/05[3]). Eine solche Rechtsfolge würde zu einem jedenfalls bedenklichen Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit führen. Denn ein in irgendeiner Form verbindlicher Vorschlag des Betriebsrats liefe darauf hinaus, dem Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl von zu beschäftigenden Arbeitnehmern vorzugeben. Zur unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gehört es aber, selbst bestimmen zu können, mit welcher Anzahl von Arbeitskräften der Arbeitgeber die verbleibende Arbeitsmenge nach Durchführung eines innerbetrieblichen Organisationsaktes durchführen lässt. Hierzu gehört es auch zu entscheiden, ob dem Arbeitsmangel durch Ausspruch einiger weniger Beendigungskündigungen oder einer größeren Zahl von Änderungskündigungen begegnet werden soll (BAG, Urteil v. 22.9.2005, 2 AZR 495/04).

[1] Fitting, § 92a Rz. 14.
[2] Konzen, RdA 2001 S. 76, 91.

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