Rz. 6

Der Betriebsrat kann die Abhilfemaßnahme verlangen, sobald sich herausstellt, dass die vom Arbeitgeber geplante, sich in Ausführung befindliche oder sogar bereits durchgeführte Maßnahme eine besondere Belastung der Arbeitnehmer mit sich bringt (LAG München, Beschluss v. 16.4.1987, 8 (9) TaBV 56/86[1]).

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitgeber plant die Einrichtung eines Großraumbüros mit einer Vielzahl von Bildschirmarbeitsplätzen. Der Betriebsrat kann die Einigungsstelle mit dem Hinweis auf sein Mitbestimmungsrecht nach § 91 BetrVG anrufen, wobei die Einigungsstelle ihre Zuständigkeit unter Berücksichtigung der Vorfrage der offensichtlichen Beeinträchtigung zu prüfen hat. Der Betriebsrat ist jedoch nicht darauf verwiesen, dass der Arbeitgeber die Maßnahme zunächst durchführt, um hiernach die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Arbeitnehmer zu prüfen.

 

Rz. 7

Der Betriebsrat ist gehalten, ggf. unter Beiziehung eines Sachverständigen darzutun, welche besonderen Belastungen bestehen und welche arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse missachtet werden.[2] Er ist indes nicht verpflichtet, die Abhilfemaßnahme konkret zu beschreiben. Insoweit sind beide Betriebspartner aufgefordert, den ihnen nach dem Gesetz eingeräumten weiten Ermessensspielraum auszufüllen.

 

Rz. 8

Angemessen sind solche Maßnahmen, die nach den jeweiligen technisch- organisatorischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten geeignet und erforderlich sind, die besonderen Belastungen jeglicher Art sowie ihrer Folgen für die Arbeitnehmer zu beseitigen oder zumindest herabzusetzen.[3] Sofern eine Abwendung oder Abhilfe aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen scheitern sollte, sind Ausgleichsvorkehrungen in Betracht zu ziehen, die gegenüber den anderen Abhilfemaßnahmen nachrangig sind. Maßnahmen der Abwendung sind z. B. die Unterstützung belastender körperlicher Tätigkeiten durch technische Hilfsmittel (Beistellung eines Krans, Gabelstaplers usw.) oder den Abbau belastender Umwelteinflüsse (z. B. Beseitigung von Staub, Lärm, Hitze etc.). Maßnahmen der Milderung sind beispielsweise die Erhöhung von Pausenzeiten, Einführung von Mischarbeitsplätzen oder von Ausgleichstätigkeiten. Als Ausgleichsmaßnahmen können z. B. die Verkürzung der Tätigkeitszeit, die Gewährung zusätzlichen Urlaubs, die Gestellung von besonderer Kleidung oder Körperpflegemitteln, die Aufstellung von Regen- oder Kälteschutzräumen sowie eine zusätzliche Vergütung herangezogen werden.[4]

 

Rz. 9

Die Betriebspartner können sich über Abhilfemaßnahmen im Rahmen einer Betriebsvereinbarung verständigen. Zu beachten ist indes der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG. Soweit Arbeitsbedingungen tatsächlich – und nicht nur formal – bereits Gegenstand tarifvertraglicher oder tarifüblicher Regelungen sind, sind Arbeitgeber und Betriebsrat darauf verwiesen, lediglich eine Regelungsabrede über die Maßnahme zu treffen.

[1] DB 1988, 186.
[2] Vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss v. 9.1.2018, 9 TaBVGA 16/17, NZA-RR 2018, 368 zur Einführung des sog. Desk-Sharing im Betrieb.
[3] GK-BetrVG/Wiese, § 91 Rz. 26.
[4] Vgl. Fitting, § 91 Rz. 19 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge