Rz. 1

Durch das Mitspracherecht des Betriebsrats bei Maßnahmen des Arbeitgebers, die sich auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung, das Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe richten, soll die Einhaltung der nicht normierten Schutzvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes sowie arbeitspsychologischer und betriebssoziologischer Bezüge gewährleistet werden. Ziel ist die Humanisierung des Arbeitslebens und die menschengerechte Ausgestaltung der Arbeit über den gesetzlichen Arbeitsschutz hinaus. Darüber hinaus sollen negative Auswirkungen technischer und organisatorischer Maßnahmen auf die Arbeit begrenzt werden.[1] Durch das sog. Betriebsrätemodernisierungsgesetz[2] sind in § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG die Wörter "einschließlich des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz" eingefügt worden. Hierdurch wird klargestellt, dass mit Wirkung seit dem 18.6.2021 die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen auch dann gelten, wenn der Arbeitgeber den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in diesem Zusammenhang plant. Das Beteiligungsrecht dient nicht nur dem Arbeits- und Gesundheitsschutz, sondern zielt auch auf die Förderung der Selbstbestimmung des Arbeitnehmers, den Abbau der Entfremdung von der Arbeit, die Erhöhung der Qualifikation sowie die Verbesserung der Aufstiegs- und Entfaltungschancen.[3] In diesem Zusammenhang ist auch auf den mit dem BetrVG 2001 neu geschaffenen § 97 Abs. 2 BetrVG hinzuweisen. Danach ist der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen sogar verpflichtet, betriebliche Berufsbildungsmaßnahmen zur Qualifizierung der Arbeitnehmer durchzuführen.

 

Rz. 2

Abzugrenzen ist das in § 90 BetrVG normierte Mitbestimmungsrecht von dem Recht des Betriebsrats, die Einhaltung von Arbeitsbedingungen gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG überwachen zu dürfen. § 80 BetrVG bezieht sich auf den Begriff der Arbeitsstätte, der den gesamten räumlich-gegenständlichen Bereich umfasst, den der Arbeitnehmer in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit aufsucht, und nicht lediglich auf den von § 90 BetrVG umfassten Begriff des Arbeitsplatzes. Das Recht des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG richtet sich also, anders als das Mitbestimmungsrecht nach § 90 BetrVG, auf die Überwachung der Einhaltung normierter Regelungen. Eine weitere Abgrenzung ist gegenüber dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG vorzunehmen, welches die Verhinderung von Schäden an Gesundheit und Leben umfasst. Mit dem Recht auf Beteiligung gem. § 90 BetrVG korrespondiert ein Vorschlagsrecht des Betriebsrats gem. § 80 Abs. 2 BetrVG. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, den Vorschlägen des Betriebsrats nachzukommen.

 

Rz. 2a

Aus der Richtlinie RL 2002/14/EG vom 11.3.2002 ergeben sich keine Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers, die über nach dem BetrVG bestehenden Unterrichtungspflichten hinausgehen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 17.1.2006, 5 TaBV 3/05).

[1] Fitting, § 90 Rz. 2 ff.
[2] Art. 1 Ziffer 19 des Gesetzes zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (BGBl. I S. 1762 vom 17.6.2021).
[3] ErfK/Kania, § 90 Rz. 1.

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