Rz. 127

Vielfach sind gängige Softwareprogramme mit Überwachungsfunktionen ausgestattet. So speichern eine Reihe von Officeprogrammen die Bearbeitungsdauer und die Bearbeitungszeit von Dateien in eine gesonderte Datei, die eingesehen werden kann. Auch die Standardinternetprogramme enthalten Überwachungskomponenten, wie die Verlaufsaufzeichnung und die Zwischenspeicherung aufgerufener Seiten.

Bei dem Softwarepaket Office 365 handelt es sich um eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die im Zusammenhang mit einer Verwendung der Desktop-Anwendungen Office 365 ProPlus und den einzelnen Diensten erstellten, anfallenden oder erhobenen Daten können für eine Leistungs- oder Verhaltenskontrolle der Arbeitnehmer genutzt werden (BAG, Beschluss v. 8. 3.2022, 1 ABR 20/21).

Sowohl die Einführung als auch die Nutzung der für eine E-Mail-Kommunikation bei der Arbeitgeberin notwendigen softwarebasierten Anwendungen ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig, da diese zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer geeignet sind. Die für eine E-Mail-Kommunikation notwendigen Programme sind in der Lage, Verhaltens- oder Leistungsinformationen über die Arbeitnehmer zu generieren und aufzuzeichnen; auf eine subjektive Überwachungsabsicht der Arbeitgeberin kommt es nicht an (BAG, Beschluss v. 23.3.2021, 1 ABR 31/19).

 

Rz. 128

Bei Mobiltelefonen ist die Überwachung ebenso wie bei festen Telefonen über Einzelverbindungsnachweise möglich.

 

Rz. 129

Fotokopiergeräte können eine persönliche Codenummer für Benutzer verlangen. Soweit damit der Arbeitnehmer bei der Benutzung des Geräts identifiziert werden kann und Benutzerdaten aufgezeichnet werden, ist die Mitbestimmung hinsichtlich dieser Funktion gegeben.

 

Rz. 129a

Die Einführung einer Videoüberwachung im Betrieb ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG folgt, dass ihre Einführung möglich ist. Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers kann allerdings einen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 GG, § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers darstellen (BAG, Beschluss v. 29.6.2004, 1 ABR 21/03[1] und Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 34/03[2]). Regelungen der Betriebsparteien oder der Einigungsstelle über eine Videoüberwachung im Betrieb müssen – wie jede Betriebsvereinbarung – im Einklang mit höherrangigem Recht stehen. Die Betriebsparteien haben nach § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG insbesondere die Pflicht, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Diese Pflicht begrenzt ihre Regelungsbefugnis und den zulässigen Inhalt der von ihnen getroffenen Regelungen. Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarungen muss durch schutzwürdige Belange anderer Grundrechtsträger, etwa des Arbeitgebers, gerechtfertigt sein. Eine Güterabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist erforderlich. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 34/03) wendet zur Prüfung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an: Die getroffene Regelung muss geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Geeignet ist die Regelung dann, wenn mit ihrer Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann. Erforderlich ist sie, wenn kein anderes, gleich wirksames und das Persönlichkeitsrecht weniger einschränkendes Mittel zur Verfügung steht. Angemessen ist die Regelung, wenn sie auch im engeren Sinne verhältnismäßig erscheint.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 34/03[3]) führt hierzu wie folgt aus: Um die Verhältnismäßigkeit festzustellen, bedarf es einer Gesamtabwägung der Intensität des Eingriffs gegen das Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe, bei der die Grenze der Zumutbarkeit nicht überschritten werden darf. Von Bedeutung ist dabei die Eingriffsintensität, also die Frage, wie viele Personen wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind, ohne dass sie hierfür einen Anlass gegeben hätten. Von Bedeutung für die Verhältnismäßigkeit einer Überwachungsmaßnahme ist auch, ob die Betroffenen als Personen anonym bleiben, ob die Überwachung in einer Privatwohnung oder in Betriebs- oder Geschäftsräumen stattfindet, welche Umstände und Inhalte von Verhalten und Kommunikation erfasst werden können, welche Nachteile den Betroffenen aus der Maßnahme drohen oder von ihnen nicht ohne Grund befürchtet werden und in welcher Zahl unverdächtige Dritte mit betroffen sind. Die Intensität einer Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hängt zudem maßgeblich von der Dauer und der Art der Überwachungsmaßnahme ab. Im Ergebnis kann nur jeder einzelne Fall bewertet werden. Eine allgemeingültige Aussage zur Zulässigkeit einer Videoüberwachung kann nicht getroffen werden.

Zur Frage, wann ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu einem Beweisverw...

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