Rz. 85

Die Kurzarbeit ist der Hauptfall der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit. Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich auf die Frage, ob und in welchem Umfang Kurzarbeit eingeführt werden soll. Ebenfalls mitbestimmungspflichtig ist die Frage, wie die verbleibende Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt werden soll (was man auch auf § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG stützen kann). Auf die Frage der Gewährung von Kurzarbeitergeld nach dem Arbeitsförderungsrecht (§§ 169 ff. SGB III) kommt es nicht an. Die Terminologie des Arbeitsförderungsrechts ist auch nicht entscheidend für die Frage der Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, wenn Arbeitnehmer einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit Strukturkurzarbeitergeld erhalten sollen. Bei diesen Arbeitnehmern ist keine vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit zu verzeichnen.

 

Rz. 86

Hinsichtlich der Einführung von Kurzarbeit steht dem Betriebsrat nach überwiegender Auffassung ein Initiativrecht zu (BAG, Beschluss v. 4.3.1986, 1 ABR 15/84[1]). Allerdings soll die Wiederherstellung der betriebsüblichen Arbeitszeit bei vorzeitiger Beendigung der Kurzarbeit nicht der Mitbestimmung unterliegen (BAG, Beschluss v. 21.11.1978, 1 ABR 67/76[2]).

 

Rz. 87

Die finanziellen Auswirkungen der Kurzarbeit unterfallen nicht dem Mitbestimmungsrecht.[3]

 

Rz. 88

Die Einführung von Kurzarbeit bedarf einer Ermächtigungsgrundlage. Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit nicht aufgrund seines Direktionsrechts einführen. Häufig findet sich die Rechtsgrundlage in Tarif- oder Arbeitsverträgen. Die herrschende Meinung ist der Auffassung, dass auch eine entsprechende Betriebsvereinbarung eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Kurzarbeit ist (BAG, Urteil v. 12.10.1994, 7 AZR 398/93[4]). Bei der Ausübung des Mitbestimmungsrechts kann es deshalb empfehlenswert sein, eine förmliche Betriebsvereinbarung statt einer Regelungsabrede abzuschließen, wenn es sonst an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt. Eine Regelungsabrede genügt mangels normativer Wirkung nicht zur Abänderung der vertraglichen Arbeitspflicht (BAG, Urteil v. 14.2.1991, 2 AZR 415/90[5]).

Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit muss die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten so deutlich regeln, dass diese für die Arbeitnehmer zuverlässig zu erkennen sind. Erforderlich sind mindestens die Bestimmung von Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Regelung der Lage und Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer (BAG, Urteil v. 18.11.2015, 5 AZR 491/14).

[1] NZA 1986, 432; a. A. GK/Wiese § 87 Anm. 367.
[2] AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 2.
[3] Siehe Rz. 76; Fitting, § 87 BetrVG Rz. 148.
[4] NZA 1995, 641; GK/Wiese, § 87 Anm. 363 mit weiteren Nachweisen zum Streitstand.
[5] NZA 1991, 607.

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