15.1 Allgemeines

 

Rz. 203

Der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG wurde durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001[1] in das Betriebsverfassungsgesetz eingefügt. Mit dieser Bestimmung wird nicht für alle Formen der Gruppenarbeit eine Regelung getroffen, sondern nur für solche Gruppen, die ihnen übertragene Aufgaben im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigen.

Die praktische Relevanz dieser Bestimmung ist äußerst marginal. Seit Inkrafttreten ist in der größten online-Datenbank für deutsche Gerichtsentscheidungen ("juris") nicht eine einzige Gerichtsentscheidung zu diesem Mitbestimmungstatbestand zu ermitteln – selbst nicht nach deutlich über 10-jährigem Bestehen der Vorschrift.

[1] BGBl I S. 1852.

15.2 Gruppenarbeit

 

Rz. 204

§ 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG führt im ersten Halbsatz zwar eine Mitbestimmung über die Durchführung von Gruppenarbeit ein. Der Begriff "Gruppenarbeit" wird im zweiten Halbsatz allerdings restriktiv definiert. Die Gruppenarbeit muss folgende Merkmale erfüllen:

  • Eine Gruppe von Arbeitnehmern muss als solche im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs zusammenarbeiten
  • ihr muss eine Gesamtaufgabe übertragen worden sein, und
  • sie muss die Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigen.
 

Rz. 205

Die Gruppe von Arbeitnehmern muss bereits im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs zusammenarbeiten. Nicht in den Tatbestand der Norm fallen Projektgruppen und andere Gruppen von Arbeitnehmern, die außerhalb des normalen betrieblichen Arbeitsablaufs zusammengefügt wurden. Die Arbeitnehmer müssen umgekehrt Teile des normalen betrieblichen Arbeitsablaufs koordiniert erledigen.

 

Rz. 206

Der Arbeitsgruppe muss eine Gesamtaufgabe übertragen worden sein. Es genügt nicht, wenn in der Arbeitsgruppe Schritte eines Produktionsprozesses erledigt werden. Der Gruppe müssen gleichzeitig vor- oder nachgelagerte Tätigkeiten oder Vorgesetztenkompetenzen übertragen worden sein.[1] Der Gesetzentwurf verlangt damit eine ganzheitliche Arbeitsaufgabe.

 

Rz. 207

Die Arbeitsgruppe muss die ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigen. Der Arbeitsgruppe muss also die Befugnis übertragen worden sein, die Erledigung der Aufgabe in weiten Zügen und mit den bestimmenden Merkmalen selbst zu regeln. Damit müssen Führungsaufgaben an die Arbeitsgruppe zurück übertragen worden sein, und zwar in wesentlichem Umfang. Arbeitsgruppen, denen der Arbeitgeber wesentliche Teile der Organisation vorgibt, fallen nicht unter die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG.

[1] So die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 14/5741 vom 2. April 2001, zu Nr. 56 (§ 87 Abs. 1 Nr. 13) S. 109.

15.3 Umfang des Mitbestimmungsrechts

 

Rz. 208

Der Betriebsrat hat mitzubestimmen über die Grundsätze der Durchführung von Gruppenarbeit. Diese Formulierung enthält zwei Vorbehalte. Zum einen besteht das Mitbestimmungsrecht nur über die Durchführung der Gruppenarbeit, zum anderen sind nur die Grundsätze mitbestimmungspflichtig.

 

Rz. 209

Indem das Gesetz nur die Durchführung der Gruppenarbeit als mitbestimmungspflichtig deklariert, überlässt es die Einführung der Gruppenarbeit der alleinigen Entscheidung des Arbeitgebers. Gleiches gilt für die Beendigung der Gruppenarbeit. Wegen des eingegrenzten Anwendungsbereichs der Mitbestimmung ist darüber hinaus der Arbeitgeber frei in seiner Entscheidung, welche Art von Gruppenarbeit er einführen will. Insbesondere muss der Arbeitgeber frei entscheiden können, ob er eine im Wesentlichen autonom ausgestaltete Gruppenarbeit anstrebt, die damit der Mitbestimmung unterfiele, oder ob er die Arbeitsgruppe eng an vorgesetzte Entscheidungslinien bindet.

 

Rz. 210

Hat sich der Arbeitgeber für eine im Wesentlichen autonome Form der Gruppenarbeit entschieden, entsteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Betriebsrat hat dennoch nur über die Grundsätze der Durchführung der Gruppenarbeit mitzubestimmen. Nach den Vorstellungen des Gesetzentwurfs sollen insbesondere die folgenden Themen Gegenstand von Mitbestimmung sein können[1]:

  • Wahl eines Gruppensprechers
  • Stellung und Aufgaben des Gruppensprechers
  • Abhalten von Gruppengesprächen zwecks Meinungsaustausch und Meinungsbildung in der Gruppe
  • Zusammenarbeit der Gruppe
  • Zusammenarbeit mit anderen Gruppen
  • Berücksichtigung von leistungsschwächeren Arbeitnehmern in der Gruppenarbeit
  • Konfliktlösung in der Gruppe.
[1] Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 14/5741 vom 2. April 2001, zu Nr. 56 (§ 87 Abs. 1 Nr. 13).

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