Rz. 168

Mitbestimmungsfreie Vorfrage ist zunächst, ob eine Sozialeinrichtung überhaupt eingerichtet werden soll (BAG, Urteil v. 26.4.1988, 3 AZR 168/86[1]). Der Arbeitgeber entscheidet ebenfalls frei darüber, wie viel Geld er dafür aufbringen will. Durch das Mitbestimmungsrecht kann der Arbeitgeber weder gezwungen werden, für die Sozialeinrichtung einen gewissen Dotierungsrahmen zur Verfügung zu stellen, noch weitere Mittel nachzuschießen (BAG, Urteil v. 26.4.1988, 3 AZR 168/86[2]). Dementsprechend kann er jederzeit seine finanziellen Mittel einschränken, wenn er sich nicht in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung gem. § 88 Nr. 2 BetrVG gebunden hat. Der daraufhin notwendige neue Verteilungsplan ist jedoch (wie auch bei einer Mittelerhöhung) mitbestimmungspflichtig.

Ist in einem Tarifvertrag der Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung vereinbart und obliegt dem Arbeitgeber die Auswahl des Versorgungswerks, ist weder diese Auswahlentscheidung noch der Inhalt des Versicherungsvertrags mitbestimmungspflichtig (BAG, Beschluss v. 29.7.2003, 3 ABR 34/02[3]).

 

Rz. 169

Mitbestimmungsfrei ist darüber hinaus der Zweck der Sozialeinrichtung und in diesem Zusammenhang auch der Kreis der begünstigten Personen (BAG, Urteil v. 26.4.1988, 3 AZR 168/86[4]). Bei einer Umwandlung der Sozialeinrichtung kann der Arbeitgeber ebenfalls mitbestimmungsfrei deren Zweck (nicht aber die unterhalb der Zweckbestimmung angesiedelten mitbestimmungspflichtigen Nutzungsmöglichkeiten) ändern.

 

Rz. 170

Ebenso, wie der Arbeitgeber frei über die Errichtung der Sozialeinrichtung entscheiden kann, ist er auch frei bei der Entscheidung über die Schließung (BAG, Urteil v. 26.4.1988, 3 AZR 168/86[5]). Bindungen des Arbeitgebers können sich ebenfalls nur aus freiwilligen Betriebsvereinbarungen gem. § 88 Nr. 2 BetrVG ergeben.

 

Rz. 171

Mitbestimmungspflichtig ist hingegen die Form der Sozialeinrichtung. Damit ist die rechtliche Form gemeint, in der die Sozialeinrichtung betrieben wird. Soweit sich allerdings die Frage auf die einzubringenden finanziellen Mittel auswirkt – etwa wegen steuerlicher Auswirkungen –, entfällt die Mitbestimmung.

 

Rz. 172

Unter den Mitbestimmungstatbestand fällt die Ausgestaltung der Sozialeinrichtung. Mit der Ausgestaltung ist die nähere Konkretisierung der mitbestimmungsfrei getroffenen Zweckbestimmung gemeint. In der Regel handelt es sich dabei um die Aufstellung allgemeiner Grundsätze wie Leistungspläne, Verteilungsgrundsätze etc.

 
Praxis-Beispiel

Für eine Kantine werden allgemeine Nutzungsbedingungen aufgestellt (BAG, Beschluss v. 15.9.1987, 1 ABR 31/86[6]). Auch die Frage der Kantinenpreise kann darunter fallen. Dabei sind die finanziellen Vorgaben des Arbeitgebers (Essenskostenzuschüsse) zu beachten. Allerdings können Arbeitnehmer nicht durch eine Betriebsvereinbarung dazu verpflichtet werden, die Kosten für ein Kantinenessen auch dann zu tragen, wenn sie es nicht in Anspruch nehmen, BAG, Urteil v. 11.7.2000, 1 AZR 551/99.[7]

Bei der Neuregelung von Versorgungsrichtlinien einer Unterstützungskasse, die für ein einzelnes Unternehmen gelten, kann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG wie folgt ausgeübt werden: Die Betriebspartner einigen sich zunächst über den Inhalt der Neuregelung. Die Organe der Unterstützungskasse setzen diese dann durch eine Änderung der Versorgungsrichtlinien um. Eine Betriebsvereinbarung im Sinne des § 77 BetrVG muss nicht zuvor abgeschlossen werden. Voraussetzung ist aber eine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über die beabsichtigte Neuverteilung der (mitbestimmungsfrei) zur Verfügung gestellten Mittel (siehe dazu BAG, Urteil v. 10.9.2002, 3 AZR 635/01).

 

Rz. 173

Daneben erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht auch auf die Verwaltung der Sozialeinrichtung. Die Verwaltung betrifft alle übrigen Entscheidungen und Maßnahmen nach der Errichtung, wie die innerbetriebliche Organisation bis hin zur Geschäftsführung. Gleiches gilt für die Frage, ob und in welchem Umfang Aufgaben auf Drittfirmen übertragen werden sollen. Der Arbeitgeber ist betriebsverfassungsrechtlich gehalten, seine vertraglichen Befugnisse gegenüber Dritten nur in Übereinstimmung mit dem Betriebsrat auszuüben (BAG, Beschluss v. 18.7.1978, 1 ABR 20/75[8]).

 
Praxis-Tipp

Vielfach ist es aus praktischen Gründen sinnvoll, die Mitbestimmung über ein paritätisch besetztes Verwaltungsorgan abzuwickeln. Wird die Sozialeinrichtung in der Form einer selbstständigen juristischen Person geführt, genügt es für die Mitbestimmung, wenn das Organ der juristischen Person aufgrund einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat paritätisch mit vom Betriebsrat zu bestellenden Arbeitnehmervertretern besetzt wird. Diese "organschaftliche Lösung" schließt das Mitbestimmungsrecht im Übrigen aus.

[1] NZA 1989, 219.
[2] NZA 1989, 219.
[3] NZA 2004, 1344.
[4] NZA 1989, 219.
[5] NZA 1989, 219.
[6] NZA 1988, 104.
[7] DB 2003, 1525.
[8] DB 1978, 2419.

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