Rz. 5

Nach dem Wortlaut des § 86a BetrVG steht jedem Arbeitnehmer das Recht zu, dem Betriebsrat Themen zur Beratung vorzuschlagen. Als Arbeitnehmer sind dabei aber nur die Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG zu verstehen, daher ist der Arbeitnehmerbegriff des § 5 Abs. 1 BetrVG zugrunde zu legen. Da § 5 Abs. 1 BetrVG keine eigene Begriffsbestimmung enthält, ist der von Rechtsprechung und Literatur entwickelte allgemeine Arbeitnehmerbegriff maßgeblich. Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.[1] Dabei gewinnt das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit entscheidende Bedeutung bei der Abgrenzung des Arbeitnehmers von Mitarbeitern in anderen Rechtsverhältnissen.

 

Rz. 6

Als Arbeitnehmer gelten nach § 5 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff hinaus aber auch die Heimarbeiter i. S. d. HAG, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Auch Leiharbeitnehmer, die dem Betrieb zur Arbeitsleistung überlassen sind, können von dem Vorschlagsrecht Gebrauch machen. Unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung[2] berücksichtigt das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss v.13.3.2013, 7 ABR 69/11[3]) die Leiharbeitnehmer bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Anzahl der Arbeitnehmer eines Betriebs. Hieraus ist aber der Schluss zu ziehen, dass Leiharbeitnehmer – wohl auch unabhängig von ihrer Wahlberechtigung – Arbeitnehmern des entleihenden Betriebs bei der Geltendmachung individueller Vorschlagsrechte nach § 86a BetrVG gleichzustellen sind, zumal sie in den Betriebsablauf regelmäßig auch eingegliedert sind.[4]

Besteht ein Gemeinschaftsbetrieb, steht das Vorschlagsrecht allen Arbeitnehmern zu, die dem gemeinsamen Betrieb angehören. Dabei ist es unerheblich, welchem Arbeitgeber sie vertraglich zugeordnet sind.[5]

Nicht vorschlagsberechtigt sind leitende Angestellte, da auf sie nach § 5 Abs. 3 BetrVG das Gesetz und damit auch § 86a BetrVG keine Anwendung findet.[6] Entsprechendes gilt für die in § 5 Abs. 2 BetrVG genannten Personenkreise.

 

Rz. 7

§ 86a BetrVG enthält keine Einschränkungen in Bezug auf die vom Arbeitnehmer vorgeschlagenen Themen. Insbesondere ist eine individuelle Beschwer des Antragstellers nicht erforderlich[7], sodass er auch allgemeine Themen oder Missstände aufgreifen kann. Da das Antragsrecht aber einen unmittelbaren Bezug zur Tätigkeit des Betriebsrats aufweist, muss der Betriebsrat nach dem BetrVG auch handlungsbefugt sein. Daher ist Voraussetzung, dass der Gegenstand des Themas in die Zuständigkeit des Betriebsrats fällt.[8] Es muss also entweder dem allgemeinen Aufgabenkatalog des § 80 Abs. 1 BetrVG oder den speziellen Beteiligungsrechten des Betriebsrats zugeordnet werden können.

 

Rz. 8

Eine bestimmte Form schreibt das Gesetz für den Vorschlag nicht vor, sodass er nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich oder per E-Mail erfolgen kann. Dabei ist die Einreichung eines förmlichen Beschlussvorschlags möglich, aber nicht erforderlich. Auch eine bestimmte Frist ist für die Einreichung der Beschwerde nicht vorgesehen.

Zuständig für die Entgegennahme des Vorschlags ist der Betriebsratsvorsitzende oder im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG), der Betriebsrat kann in seiner Geschäftsordnung ergänzende Regelungen für den Fall der Verhinderung beider treffen.

Das Gesetz beschränkt die Übermittlung des Vorschlags nicht auf bestimmte Anlässe, so dass der Antrag nicht nur im Rahmen der Sprechstunden des Betriebsrats nach § 39 BetrVG oder auf Betriebsversammlungen erfolgen kann. Der Arbeitnehmer ist vielmehr grundsätzlich berechtigt, den Antrag während der Arbeitszeit zu stellen. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 39 Abs. 3 BetrVG darf die Versäumnis der dafür erforderlichen Arbeitszeit nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts führen, auch andere Benachteiligungen des Arbeitnehmers müssen im Hinblick auf § 612a BGB unterbleiben.

Allerdings ist der Rechtsgedanke der "Erforderlichkeit" der Inanspruchnahme des Betriebsrats aus § 39 Abs. 3 BetrVG auch auf das Vorschlagsrecht der Arbeitnehmer nach § 86a BetrVG zu übertragen. Ferner muss auch der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB Beachtung finden. Das Vorschlagsrecht darf nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt werden, so dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, auch auf die betrieblichen Interessen – etwa in Gestalt eines ungestörten Betriebsablaufs – Rücksicht zu nehmen. Letztlich muss eine Abwägung zwischen der Dringlichkeit des Begehrens und der jeweiligen betrieblichen Situation erfolgen. Nur in eilbedürftigen Fällen, die keinen Aufschub dulden, wird der Arbeitnehmer daher außerhalb der üblichen Sprechstunden den Arbeitsplatz verlassen und den Betriebsrat aufsuchen dürfen.[9] Auch dann hat er sich aber entsprechend den Regelungen zur Abmeldung von Betriebsratsmitgliedern vor Verlassen des Arbeitsplatzes abzumelden, wobei er aber den konkreten Anlass und in...

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