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Der Arbeitgeber kann schon vor Ende des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird oder innerhalb einer Frist von höchstens 2 Wochen danach die Auflösung desselben begehren, wenn ihm die Weiterbeschäftigung nicht auf Dauer zugemutet werden kann.

Stellt ein Mitarbeiter des Arbeitgebers den Antrag gem. § 78a Abs. 4 BetrVG, so wird die Ausschlussfrist von 2 Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nur gewahrt, wenn sie bis zu ihrem Ablauf beim Arbeitsgericht eingereicht wird. Die Nichteinhaltung der zweiwöchigen Antragsfrist hat zur Folge, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit verliert, das begründete Arbeitsverhältnis unter Berufung auf die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung infrage zu stellen. Die rechtswirksame Stellung des Auflösungsantrags durch einen Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers setzt nicht voraus, dass dessen Bevollmächtigung bis zum Ablauf der zweiwöchigen Antragsfrist durch Vorlage einer von dem Arbeitgeber unterzeichneten Originalvollmacht nachgewiesen wird (BAG, Beschluss 18.9.2019, 7 ABR 44/17).

Die Weiterbeschäftigung ist unzumutbar, wenn

  • zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses kein freier unbefristeter Vollzeitarbeitsplatz vorhanden ist (BAG, Beschluss v. 5.12.2007, 7 ABR 65/06). Eine Gegenmeinung verpflichtet den Arbeitgeber auch ein befristetes Arbeitsverhältnis oder eine Teilzeitbeschäftigung anzubieten, wenn keine andere Position frei ist[1]; zur zulässigen einvernehmlichen Änderung in ein Teilzeitarbeitsverhältnis s.h. LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 1.4.2005, 9 TaBV 3/04. Wenn der Auszubildende allerdings das Angebot eines befristeten Arbeitsvertrags oder eines Teilzeitarbeitsvertrags annimmt, ist das Arbeitsverhältnis mit diesem Inhalt wirksam zustande gekommen (BAG, Beschluss v. 16.7.2008, 7 ABR 13/07[2]). Wird innerhalb der letzten 3 Monate des Berufsausbildungsverhältnisses eine Stelle frei, kann der Arbeitgeber sich nur dann auf die Unzumutbarkeit berufen, wenn er diese Stelle unbedingt sofort besetzen muss (BAG, Beschluss v. 12.11.1997, 7 ABR 63/96[3]). Wird die Stelle 5 Monate vorher frei, kann sich der Auszubildende nicht darauf berufen. Ist zum Zeitpunkt der Beendigung ein freier Arbeitsplatz vorhanden, so wird die Weiterbeschäftigungspflicht nicht dadurch berührt, dass künftig Arbeitsplätze wegfallen sollen (BAG, Beschluss v. 16.8.1995, 7 ABR 52/94[4]). Teilweise wird im Bereich von § 78a BetrVG verlangt, dass die betriebsbedingten Gründe stärker sein müssen als die dringenden betrieblichen Erfordernisse i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG und der Arbeitgeber bei einer Stellenstreichung die Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit dieser unternehmerischen Entscheidung darlegen muss (ArbG Erfurt, Beschluss v. 25.6.2021, 2 BV 4/21; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 21.3.2006, 5 TaBV 45/05). Der Arbeitgeber ist jedoch nicht zur Weiterbeschäftigung des Auszubildenden verpflichtet, wenn seine ausbildungsgerechte Beschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nur in anderen Betrieben des Unternehmens möglich ist (BAG, Beschluss v. 8.8.2007, 7 ABR 42/06). Einem Auszubildenden, der einen Vertrag mit einem Träger einer überbetrieblichen Ausbildung abgeschlossen hat, steht kein Anspruch auf Übernahme gegen einen Betrieb, in dem er das Praktikum absolviert hat und in dem er in die JAV gewählt worden ist (BAG, Urteil v. 17.8.2005, 7 AZR 553/04). Hingegen ist dem Arbeitgeber die Übernahme nicht bereits deshalb unzumutbar, weil er die Tätigkeit Leiharbeitnehmern übertragen will. Ihm kann auch zumutbar sein, einen bereits durch einen Leiharbeiter besetzten Arbeitsplatz freizumachen (BAG, Beschluss v. 17.2.2010, 7 ABR 89/08).
  • Die Weiterbeschäftigung ist dem Arbeitgeber auch dann nicht zumutbar, wenn Gründe in der Person oder dem Verhalten des Auszubildenden vorliegen, wie z. B. das wiederholte Nichtbestehen der Prüfung. Allein das im Verhältnis zu anderen Auszubildenden schlechtere Abschneiden in der Prüfung begründet keine Unzumutbarkeit (LAG Hamm, Beschluss v. 21.12.1992, 3 TaBV 106/92[5]). Die verhaltensbedingten Gründe müssen so schwer sein, dass sie eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden.
  • Bei Gemeinschaftsbetrieben muss ein Auflösungsantrag nicht von allen daran beteiligten Unternehmen, sondern nur vom Ausbildungsunternehmen gestellt werden (BAG, Beschluss v. 17.2.2010, 7 ABR 89/08).

Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, dem Jugend- und Auszubildendenvertreter, der rechtzeitig das Übernahmeverlangen nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG gestellt hat, eine andere als die erlernte Beschäftigung anzubieten, wenn eine Übernahme im Ausbildungsberuf aus den Gründen des § 78a Abs. 4 BetrVG nicht möglich ist und für eine Tätigkeit außerhalb des Ausbildungsberufs ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber die schriftliche Mitteilung gem. § 78a Abs. 1 BetrVG mit dem Hinweis auf eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit ...

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