Rz. 3

Betriebsratsmitglieder dürfen bei ordnungsgemäßer Tätigkeit nicht anders behandelt werden als andere Arbeitnehmer. Dies betrifft zum einen das Benachteiligungsverbot, das z. B. die Zuweisung einer weniger angenehmen Arbeit wegen der Betriebsratstätigkeit ausschließt. Dies umfasst auch das Verbot der Zuweisung eines Großraumbüros statt eines Büroraums mit zwei Arbeitsplätzen (LAG Köln, Urteil v. 26.7.2010, 5 SaGa 10/10). Auch darf die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers nicht aufgrund der Amtsausübung für den Betriebsrat behindert werden. So verstößt eine von der Arbeitgeberin vorgenommene Auswahlentscheidung zwischen zwei geeigneten Bewerbern gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG, wenn eine Bewerberin ein freigestelltes Betriebsratsmitglied ist und die Arbeitgeberin bei dieser die Freistellung maßgeblich in ihre Auswahlerwägungen einbezogen hat (vgl. auch LAG Köln, Urteil v. 25.4.2016, 21 Sa 561/15).

Hinsichtlich der Beweislast hat das BAG entschieden, dass für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung das Betriebsratsmitglied grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast trägt. Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast darf der klagende Arbeitnehmer die Behauptung aufstellen, er sei wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht für die Stelle ausgewählt worden. Der Arbeitgeber muss sich zu dieser Behauptung wahrheitsgemäß erklären. Er hat seine Motive für die Auswahlentscheidung zugunsten eines anderen Bewerbers so konkret zu benennen, dass sich das Betriebsratsmitglied hierauf seinerseits einlassen kann (BAG Urteil v. 20.1.2021, 7 AZR 52/20[1]). Das Ergebnis eines solchen Verfahrens ist angesichts einer so ausdifferenzierten Darlegungs- und Beweislast schwer zu prognostizieren.

Der Betriebsrat kann dann die Zustimmung zu der personellen Maßnahme gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern (LAG Hamburg, Beschluss v. 19.9.2012, H6 TaBV 2/12). Auch die Forderung des Geschäftsführers des Arbeitgebers, die Arbeitnehmerin habe als Bedingung für eine Stelle ihr Amt als Betriebsratsvorsitzende aufzugeben, verstößt gegen § 78 Satz 2 BetrVG (LAG Baden-Württemberg v. 30.12.2011, 14 Sa 103/11).

Eine Benachteiligung liegt ebenfalls nicht vor, wenn dem Betriebsratsmitglied, das keine Kundenbesuche mehr macht, ein Firmenfahrzeug verweigert wird (LAG Hamburg, Urteil v. 9.8.2007, 7 Sa 27/07; vgl. aber BAG, Urteil v. 23.6.2004, 7 AZR 514/03 – Anspruch des Betriebsratsmitglieds auf vertraglich vereinbarte Privatnutzung des Pkw trotz Freistellung). Ein Betriebsratsmitglied, das vor seiner Freistellung von der beruflichen Tätigkeit Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit geleistet und dafür steuerfreie Zuschläge zum Lohn erhalten hat, kann nicht weiterhin vom Arbeitgeber deren unversteuerte Auszahlung verlangen.

Vereinbaren Arbeitgeber und das freigestellte Betriebsratsmitglied ausdrücklich oder konkludent, dass die Betriebsratsmitglieder hinsichtlich ihrer Nettovergütung so gestellt werden sollen, als ob sie tatsächlich Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit geleistet hätten und rechnet der Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder entsprechend dieser Vereinbarung jahrelang ab, liegt darin keine unzulässige Begünstigung der Betriebsratsmitglieder (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.3.2009, 20 Sa 34/09). Das freigestellte Betriebsratsmitglied trägt die Darlegungs- und Beweislast für einen Anspruch auf im Rahmen der Betriebsratstätigkeit nicht mehr anfallende Schicht-, Sonntags-, und Mehrarbeitszuschläge jedenfalls insoweit, als es wenigstens Mindereinnahmen wegen Betriebsratstätigkeit darlegen muss (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 18.6.2009, 3 Sa 414/08).

Zum anderen darf die Unabhängigkeit der Amtsführung nicht durch eine Begünstigung der Amtsträger, z. B. durch eine sachlich nicht gebotene Höhergruppierung gegenüber anderen Arbeitnehmern, in Zweifel gestellt werden. So würde es gegen das Begünstigungsverbot verstoßen, wenn dem freigestellten Betriebsratsmitglied Kosten für die regelmäßigen Fahrten vom Wohnort zum Sitz des Betriebsrats als Ort der Leistungserbringung erstattet würden, auch wenn sich der Sitz des Betriebsrats nicht in der Betriebsstätte befindet, in der das Betriebsratsmitglied seine Arbeitsleistung zu erbringen hätte, wenn es nicht freigestellt wäre (BAG, Beschluss v. 13.6.2007, 7 ABR 62/06). Eine zwischen dem Betriebsratsmitglied und dem Arbeitgeber vereinbarte Regelung der Pflicht zur Kostentragung in einem arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren über individualrechtliche, im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit stehende Ansprüche stellt keine unzulässige Benachteiligung oder Bevorzugung des Betriebsratsmitglieds dar (BAG, Beschluss v. 20.1.2010 , 1 ABR 68/08). Die Gewährung von Pauschalbeträgen an Betriebsräte durch den Arbeitgeber darf keine versteckte Lohnerhöhung darstellen. Pauschalierungen sind nur als hinreichend realitätsgerechte Typisierungen zulässig und auch nur dann, wenn die Erstellung von Einzelabrechnungen praktisch unmöglich oder ...

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