Rz. 1

Mit der Einigungsstelle stellt das Betriebsverfassungsgesetz ein Verfahren zur Konfliktlösung zwischen Arbeitnehmervertretung und Arbeitgeber bereit. Das Einigungsstellenverfahren ist vom arbeitsgerichtlichen Verfahren zu trennen. Die Einigungsstelle ist kein Gericht und übt keine richterliche Tätigkeit aus. Sie ist vielmehr ein Organ der Betriebsverfassung und besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden und einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber einerseits und vom Betriebsrat andererseits bestellt werden.[1]

 

Rz. 1a

Das Einigungsstellenverfahren soll nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst rasch durchgeführt werden. Diesem Beschleunigungsgedanken dienen folgende Regelungen:

  • Die Einigungsstelle muss unverzüglich tätig werden (§ 76 Abs. 3 BetrVG).
  • Der Vorsitzende der Kammer, die nach dem Geschäftsverteilungsplan über betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten zu entscheiden hat, befindet gem. § 100 Abs, 1 Satz 1 ArbGG allein über strittige Fragen bezüglich des Vorsitzenden der Einigungsstelle (§ 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG) und über strittige Fragen bezüglich der Zahl der Beisitzer (§ 76 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Gleiches gilt für die Beschwerden gegen Beschlüsse des Arbeitsgerichts vor dem Landesarbeitsgericht. Auch hier entscheidet der Vorsitzende der Kammer des LAG alleine (§ 100 Abs. 2 Satz 3 ArbGG).
  • Einlassungs- und Ladefristen sind zwingend auf 48 Stunden begrenzt worden (§ 100 Abs. 1 Satz 4 ArbGG).
  • Der Antrag auf Einrichtung der Einigungsstelle kann nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).
  • Der Beschluss des Arbeitsgerichts über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden oder über die Anzahl der Beisitzer ist den Beteiligten zwingend innerhalb von 4 Wochen nach Eingang des Antrags bei Gericht zuzustellen (§ 100 Abs. 1 Satz 6 HS 2 ArbGG).

Haben die Betriebsparteien jedoch ein obligatorisches innerbetriebliches Schlichtungsverfahren geregelt, und darin vereinbart, sich bei Meinungsverschiedenheiten über die Anwendung und Auslegung einer Betriebsvereinbarung zu bemühen, diese innerbetrieblich und einvernehmlich auszuräumen, sind vor den Gerichten für Arbeitssachen erhobene Anträge unzulässig, wenn das vereinbarte Verfahren unterbleibt (BAG, Beschluss v. 23.2.2016, 1 ABR 5/14).

 

Rz. 2

Grundsätzlich gibt es für die Tätigkeit der Einigungsstelle 2 Fallgruppen:

  • das erzwingbare Einigungsstellenverfahren (§ 76 Abs. 5 BetrVG), das immer dann einschlägig ist, wenn in den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes ausdrücklich verfügt wird, dass "der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt"
  • das freiwillige Einigungsstellenverfahren (§ 76 Abs. 6 BetrVG), das dann durchgeführt wird, wenn beide Betriebspartner damit einverstanden sind.

Darüber hinaus sind auch betriebliche Schlichtungsstellen denkbar (BAG, Urteil v. 20.1.2004, 9 AZR 393/03[2]).

 

Rz. 3

Die Einigungsstelle hat sowohl Schlichtungs- als auch Entscheidungsfunktion. In erster Linie geht es darum, unter Beachtung des Leitgedankens der Betriebsverfassung (vertrauensvolle Zusammenarbeit, § 2 BetrVG) zu einer Verständigung zu gelangen. Dabei können verbindliche Entscheidungen getroffen werden.

 

Rz. 4

Die Einigungsstelle wird in der Regel auf betrieblicher Ebene zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gebildet. Soweit ein Gesamtbetriebsrat im Unternehmen errichtet ist, wird die Einigungsstelle auf Unternehmensebene gebildet, wenn der Gesamtbetriebsrat für die zu entscheidenden Fragen zuständig ist (§§ 50, 51 Abs. 5 BetrVG) bzw. wenn die Frage den Gesamtbetriebsrat (§ 47 Abs. 6 BetrVG) oder den auf Unternehmensebene gebildeten Wirtschaftsausschuss (§ 109 BetrVG) unmittelbar betrifft. Das Gleiche gilt entsprechend für den Konzernbetriebsrat (§§ 58, 59 Abs. 1, 51 Abs. 5 BetrVG). Die Vorschriften über die Einigungsstelle gelten hingegen nicht für die Jugend- und Auszubildendenvertretungen auf allen Ebenen, da diese nicht Träger von Beteiligungsrechten sind.

[1] Näheres zur Bestellung s. unten Rz. 10.
[2] NZA 2004, 994.

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