Rz. 38

Dieses Kriterium ist neu in § 75 Abs. 1 BetrVG aufgenommen worden. Nach der bisherigen Regelung in § 75 Abs. 1 Satz 2 hatten Arbeitgeber und Betriebsrat nur darauf zu achten, dass Arbeitnehmer nicht wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen benachteiligt werden. Nun haben sie darauf zu achten, dass jede Benachteiligung wegen des Alters unterbleibt. Der Begriff "Alter" meint das konkrete Lebensalter. Dabei handelt es sich nicht ausschließlich um das hohe Alter mit der Folge, dass die Regelung ausschließlich ältere Menschen vor Benachteiligung schützt, sondern umfasst jede Altersstufe, sodass auch junge Menschen vor Benachteiligungen aufgrund ihres geringen Alters geschützt sind.

 
Praxis-Beispiel

In einer Stellenanzeige findet sich folgender Passus: "Jüngere/r Volljurist/in für ………gesucht".

Diese Formulierung legt die Vermutung nahe, dass lebensältere Bewerber/innen nicht berücksichtigt und damit benachteiligt werden.

 
Praxis-Beispiel

Arbeitnehmer A ist am 1.10.1979 geboren. Am 1.8.1995 hat er die Lehre beim Arbeitgeber aufgenommen, der ihn nach Abschluss der Lehre übernommen hat. Der Arbeitgeber kündigt dem A aus betrieblichen Gründen am 2.8.2006 mit Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Ablauf des Monats August 2006. Zur Begründung führt der Arbeitgeber aus, dass der A am 30.9.2004 sein 25. Lebensjahr vollendet habe. Entsprechend der Regelung in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB bliebe die vor diesem Zeitpunkt zurückgelegte Beschäftigungsdauer des A bei der Berechnung der Kündigungsfrist unberücksichtigt.

Diese Vorgehensweise ist rechtswidrig. Die Vorschrift des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB knüpft unmittelbar an das konkrete Lebensalter an. Eine irgendwie geartete sachliche Rechtfertigung dafür, die von jungen Arbeitnehmern vor einem bestimmten Zeitpunkt zurückgelegte Beschäftigungsdauer nicht zu berücksichtigen, gibt es nicht. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB und darauf gestützte Kündigungen sind deshalb rechtswidrig (BAG, Urteil v. 29.9.2011, 2 AZR 177/10). Gleiches gilt für Regelungen in Betriebsvereinbarungen, die ohne sachlichen Grund an ein bestimmtes, konkretes Lebensalter anknüpfen. Auch Regelungen in Tarifverträgen können altersdiskriminierend sein (s. z. B. BAG, Urteil v. 9.12.2015, 4 AZR 684/12).

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