2.1.3.1 Allgemeines

 

Rz. 18

§ 65 Abs. 1 BetrVG verweist hinsichtlich der Wahl des Vorsitzenden und stellvertr. Vorsitzenden der JAV sowie deren Aufgabe auf die Regelung des § 26 BetrVG. Die Vorschrift ist zwingendes Recht und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abbedungen werden.

2.1.3.2 Wahl des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter

2.1.3.2.1 Allgemeines

 

Rz. 19

Die Wahl des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter ist eine innere Angelegenheit der JAV. An ihr nehmen ausschließlich die Mitglieder der JAV teil. Die Wahl gehört zu den gesetzlichen Pflichtaufgaben der JAV. Wird sie nicht durchgeführt, handelt die JAV pflichtwidrig und kann unter den Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 BetrVG i. V. m. § 23 BetrVG aufgelöst werden.[1] Eine Ersatzbestellung durch das Arbeitsgericht ist nicht zulässig.

[1] S. dazu oben Rz. 5 ff.

2.1.3.2.2 Durchführung der Wahl

 

Rz. 20

Die Wahl erfolgt grundsätzlich in der konstituierenden Sitzung der JAV.

Nähere Wahlvorschriften wie etwa bei der Wahl der JAV bestehen nicht. Auch eine mündliche Stimmabgabe ist möglich und zulässig, auf Antrag eines Mitglieds der JAV ist jedoch geheim abzustimmen.

 

Rz. 21

Nur die Mitglieder der JAV sind wahlberechtigt, einschließlich der Kandidaten für den Vorsitz/die Stellvertretung.[1]

Wählbar sind nur ordentliche Mitglieder der JAV. Ersatzmitglieder können nur dann gewählt werden, wenn sie endgültig in die JAV nachgerückt sind.

Da für die Kandidatur im Übrigen keine gesetzlichen Vorgaben bestehen, braucht bei der Wahl des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter weder auf die Geschlechterzugehörigkeit noch auf das Abschneiden einzelner Listen bei der Wahl der JAV Rücksicht genommen zu werden.

 

Rz. 22

Die Wahl des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter ist jeweils gesondert in getrennten Wahlgängen durchzuführen. Wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt, ist gewählt. Eine qualifizierte Mehrheit ist grundsätzlich nicht erforderlich, es sei denn, die JAV beschließt vor der Wahl ein bestimmtes Mindestquorum, z. B. die absolute Mehrheit.[2]

Bei der Wahl muss die JAV gem. § 33 Abs. 2 BetrVG beschlussfähig sein.

 

Rz. 23

Diejenigen, die gewählt sind, brauchen das Amt nicht anzunehmen. Erklärt sich der Gewählte zur Annahme des Amts nicht bereit, muss eine erneute Wahl durchgeführt werden. Zweckmäßigerweise sollte die Bereitschaft zur Kandidatur und auch zur Amtsübernahme vor Eintritt in einen Wahlgang geklärt werden.

[1] Richardi/Thüsing, § 26 BetrVG Rz. 3.
[2] Fitting/Schmidt u. a., § 26 BetrVG Rz. 14.

2.1.3.3 Amtsdauer, Amtsniederlegung, Abberufung

 

Rz. 24

Grundsätzlich werden der Vorsitzende und seine Stellvertreter für die gesamte Wahlperiode der JAV, also für 2 Jahre, gewählt. Es ist jedoch zulässig, dass die JAV eine kürzere Amtsdauer beschließt.

 

Rz. 25

Sowohl der Vorsitzende als auch seine Stellvertreter können das Amt jederzeit niederlegen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende eindeutige und nicht widerrufbare Erklärung gegenüber der JAV. Die Amtsniederlegung durch einen der Gewählten hat nicht automatisch auch den Amtsverlust der übrigen zur Folge.

 

Rz. 26

Sowohl der Vorsitzende als auch seine Stellvertreter können jederzeit durch Mehrheitsbeschluss der JAV abberufen werden.[1] Sie verlieren damit dieses Amt, bleiben aber Mitglied der JAV. Eines besonderen Grundes für die Abberufung bedarf es nicht.

[1] Richardi/Thüsing, § 26 BetrVG Rz. 28.

2.1.3.4 Stellung und Aufgaben

2.1.3.4.1 Des Vorsitzenden

 

Rz. 27

Der Vorsitzende ist in erster Linie Mitglied der JAV. Allerdings obliegen ihm zusätzliche Befugnisse, Aufgaben und Zuständigkeiten, die das Gesetz ihm zuweist. Wichtigste Aufgabe des Vorsitzenden ist es, die Interessen der JAV im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit und der von ihr gefassten Beschlüsse gegenüber dem Betriebsrat zu vertreten. Keine Befugnis besteht allerdings zur Vertretung der JAV gegenüber dem Arbeitgeber.[1] Letztere steht ausschließlich dem Betriebsrat zu, da die JAV kein gleichberechtigtes, selbstständig neben dem Betriebsrat stehendes Organ der Betriebsverfassung ist.[2]

Der Vorsitzende hat darüber hinaus Erklärungen, die für die JAV bestimmt sind, entgegenzunehmen. Schließlich hat er die Sitzungen der JAV einzuberufen, die Sitzung zu leiten und den Betriebsrat von der Sitzung zu unterrichten. I. d. R. wird er von der JAV auch als Vertreter in den Betriebsrat entsandt.[3]

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 65 BetrVG Rz. 6 m. w. N.
[2] S. dazu auch oben Kommentierung zu § 60 BetrVG.
[3] S. dazu auch Kommentierung zu § 67 BetrVG.

2.1.3.4.2 Der Stellvertreter

 

Rz. 28

Gem. § 65 Abs. 1 i. V. m. § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG treten die Stellvertreter "im Fall seiner Verhinderung" an die Stelle des Vorsitzenden. Diese Formulierung macht deutlich, dass die Stellvertreter die Aufgaben und Befugnisse des Vorsitzenden[1] nur dann wahrnehmen können und dürfen, wenn und solange der Vorsitzende selbst verhindert ist (so auch BAG, Beschluss v. 1.6.2011, 7 ABR 138/09[2]; BAG, Urteil v. 7.7.2011, 6 AZR 248/10[3]). Die Stellvertreter sind nicht "zweite Vorsitzende" mit gleichen Rechten und Pflichten.[4] Der Vorsitzende kann sie auch nicht dazu machen, indem er ihnen einmalig oder zur ständigen Erledigung alle oder Teile seiner Aufgaben überträgt.[5] Das Recht, Aufgaben vom Vorsitzenden auf den/die Stellvertreter ...

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