Rz. 6

Das BetrVG kennt keinen eigenen Unternehmensbegriff, es setzt ihn voraus (BAG, Urteil v. 17.3.2010, 7 AZR 706/08[1]). Ein Unternehmen ist nach der Definition des BAG (Beschluss v. 7.8.1986, 6 ABR 57/85[2]; Urteil v. 5.3.1987, 2 AZR 623/85[3]) die organisatorische Einheit, mit der der Unternehmer seine wirtschaftlichen oder ideellen Zwecke verfolgt,

also der geschäftliche Tätigkeitsbereich des Arbeitgebers. In rechtlicher Hinsicht muss ein Unternehmen notwendigerweise einen einheitlichen Rechtsträger haben, mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen können nicht ihrerseits ein Unternehmen darstellen, sondern nur einen Konzern.[4]  Vereinfacht gesagt kann man daher das "Unternehmen" mit der natürlichen oder juristischen Person des Arbeitgebers gleichsetzen. Für Betriebe verschiedener Rechtsträger kann kein Gesamtbetriebsrat errichtet werden (BAG, Urteil v. 13.2.2007, 1 AZR 184/06[5]). Die Bildung eines gemeinsamen Betriebsrats für verschiedene Unternehmen verstößt auch dann gegen § 47 BetrVG, wenn die beteiligten Unternehmen ausschließlich oder teilweise Gemeinschaftsbetriebe unterhalten (BAG, Urteil v. 17.3.2010, 7 AZR 706/08[6].

 

Rz. 7

Für den Unternehmensbegriff ist auf die gesellschaftsrechtlichen Begrifflichkeiten zurückzugreifen. Ein Unternehmen können juristische Personen (z. B. GmbH, AG), Personengesellschaften (z. B. KG, OHG) sowie Gesellschaften in ausländischer Rechtsform (z. B. in Form einer englischen Limited) führen. Juristische Personen und Personengesellschaften können aber nur jeweils ein Unternehmen führen (BAG, Urteil v. 13.2.2007, 1 AZR 184/06[7]). Dies gilt auch für natürliche Personen. Daher kann auch ein Einzelunternehmer (Einzelkaufmann) betriebsverfassungsrechtlich nur ein Unternehmen betreiben.[8] Fasst der Einzelunternehmer seine Betriebe nicht zu einer einheitlichen, selbständigen Organisation zusammen, ist ein Gesamtbetriebsrat und kein Konzernbetriebsrat zu bilden.

 

Rz. 8

Bei einer GmbH & Co KG sind verschiedene Fallgestaltungen möglich. Besitzt die KG mehrere Betriebe, so ist für die GmbH & Co KG ein Gesamtbetriebsrat zu bilden. Bestehen bei der GmbH mehrere Betriebe, so ist auch dort ein Gesamtbetriebsrat zu bilden. Bezüglich der Betriebe der GmbH und der KG kommt zudem die Errichtung eines Konzernbetriebsrats in Betracht.[9]

 

Rz. 9

Bei der Frage, ob bei einer Betriebsführungsgesellschaft ein Gesamtbetriebsrat zu errichten ist, ist die konkrete vertragliche Ausgestaltung entscheidend. Ein Gesamtbetriebsrat ist nur dann zu errichten, wenn die Betriebsführungsgesellschaft die Betriebe im eigenen Namen führt und damit selbst Arbeitgeberin der in den Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer ist (BAG, Urteil v. 17.3.2010, 7 AZR 706/08[10]). Haben KG und GmbH dagegen selbständige Betriebe, so kann kein Gesamtbetriebsrat gebildet werden, sondern (nur) ein Konzernbetriebsrat.[11]

 

Rz. 10

Werden Unternehmen im Franchise-System betrieben, so kommt die Bildung eines Gesamtbetriebsrats nicht in Betracht, da es an einem einheitlichen Rechtsträger fehlt.[12]

 

Rz. 11

An der erforderlichen rechtlichen Identität zur Bestellung eines Gesamtbetriebsrats fehlt es bei einer nur wirtschaftlichen oder finanziellen Beteiligung (BAG, Beschluss v. 5.12.1975, 1 ABR 8/74[13]), auch wenn sich alle Gesellschaftsanteile in den Händen einer bzw. derselben mehreren Personen befinden oder Personengleichheit der Geschäftsführung besteht. Dies ist auch bei der Zusammenfassung rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung der Fall, selbst wenn ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen oder eine Gesellschaft in die andere eingegliedert ist, da ansonsten die Bestimmungen über die Einrichtung eines Konzernbetriebsrats überflüssig wären (BAG, Beschluss v. 11.12.1987, 7 ABR 49/87[14]). Auch bei Mutter- und Tochtergesellschaft besteht aufgrund ihrer rechtlichen Selbständigkeit keine Identität, sodass kein Gesamtbetriebsrat gebildet werden kann.

 

Rz. 12

Die Bildung von Gesamtbetriebsräten in ausländischen Unternehmen ist umstritten. Teilweise wird die Errichtung eines Gesamtbetriebsrats nur dann zugelassen, wenn innerhalb Deutschlands eine überbetriebliche Organisation der Betriebe (z. B. eine zentrale Direktion für Deutschland) besteht, da es ansonsten an einem Ansprechpartner für den Gesamtbetriebsrat nach dem BetrVG fehlt.[15] Dabei wird auf die Rechtsprechung des BAG zum Konzernbetriebsrat verwiesen, wonach ein Konzernbetriebsrat im Fall einer ausländischen Muttergesellschaft nur dann gemäß § 54 BetrVG errichtet werden kann, wenn nicht nur die unter einheitlicher Leitung zusammengefassten Unternehmen, sondern zumindest auch ein als Teilkonzernspitze fungierendes Unternehmen seinen Sitz im Inland hat (BAG, Beschluss v. 14.2.2007, 7 ABR 26/06[16]). Andererseits kommt es nach der Rechtsprechung des BAG zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses nicht darauf an, ob die Unternehmensleitung vom Inland oder Ausland erfolgt[17], die soziale Schutzfunktion der Mitbestimmung darf inländischen Arbeitnehmern eines ausländis...

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