Rz. 36

Wird eine weitere Betriebsversammlung ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG einberufen, so besteht keine Lohnzahlungspflicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Fehlen eines besonderen Grunds für eine weitere Betriebsversammlung offensichtlich oder nicht offensichtlich war (BAG, Urteil v. 23.10.1991, 7 AZR 249/90[1]). § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG regelt die Anspruchsvoraussetzungen des Vergütungsanspruchs durch eine uneingeschränkte Verweisung auf § 43 Abs. 1 S. 4 BetrVG. Danach lösen nur Betriebsversammlungen, die den Anforderungen des § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG genügen, eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers aus (BAG, Urteil v. 23.10.1991, 7 AZR 249/90[2]). Diese Einschränkung entspricht dem Ausnahmecharakter dieses Vergütungsanspruchs und ist auch interessengerecht. Grundsätzlich setzt die Arbeitsvergütung eine Arbeitsleistung voraus. § 44 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist eine der zahlreichen Ausnahmevorschriften. Sie knüpft an objektive Voraussetzungen an. Das Risiko einer Fehleinschätzung der Rechtslage trägt insoweit der Arbeitnehmer (BAG, Urteil v. 23.10.1991, 7 AZR 249/90[3]). Denn fehlendes Verschulden ersetzt nicht die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen (BAG, Urteil v. 23.10.1991, 7 AZR 249/90[4]).

 

Rz. 37

Entsprechendes gilt, wenn in der Betriebsversammlung unzulässige Themen behandelt werden und der Arbeitgeber deshalb die Entgeltansprüche der teilnehmenden Arbeitnehmer ablehnt. Dazu ist er grundsätzlich berechtigt. Er schuldet jedoch nur dann keine Vergütung, wenn er vorher seine Bedenken gegenüber den Arbeitnehmern bekannt geben hat (LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.2.1987, 8 (14) Sa 106/86[5]; LAG München, Urteil v. 29.9.1987, 2 Sa 106/8; ArbG Göttingen, Urteil v. 17.11.1981, 1 Ca 525/81[6]). Unterbleibt der Hinweis, so dürfen die Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der Arbeitgeber auch mit Erörterung dieser Themen einverstanden ist.

 

Rz. 38

Allein wegen der Anwesenheit nicht teilnahmeberechtigter Personen verlieren die Arbeitnehmer ihren Vergütungsanspruch hingegen nicht. Der bloße Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit lässt die Vergütungspflicht grundsätzlich unberührt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch die große Anzahl der nicht teilnahmeberechtigten Personen der Charakter der Versammlung als Betriebsversammlung verloren geht.[7]

Ebenfalls keine Vergütungspflicht besteht für die Teilnahme an einer vom Betriebsrat außerhalb der Arbeitszeit durchgeführten Versammlung, wenn zwingende Erfordernisse des Betriebs nicht bestanden (BAG, Urteil v. 27.11.1987, 7 AZR 29/87[8]).

[1] DB 1992, 689, 690; enger Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Band II, S. 652, der fordert, dass der Arbeitgeber widersprochen und die Arbeitnehmer darauf hingewiesen hat.
[2] DB 1992, 689, 690.
[3] DB 1992, 689, 690.
[4] DB 1992, 689, 690.
[5] DB 1987, 1441.
[6] DB 1982, 760.
[7] Fitting, § 44 BetrVG Rz. 34a; GK-Weber, § 44 BetrVG Rz. 62.
[8] DB 1988, 810.

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