Rz. 10

Mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können die Bestellung des Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht beantragen, wenn trotz Einladung keine Betriebsversammlung stattfindet oder wenn die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand wählt. "Trotz Einladung" bedeutet grundsätzlich, dass eine Bestellung des Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht grundsätzlich nicht in Betracht kommt, wenn nicht einmal zu einer Wahlversammlung eingeladen wurde. Dies hat das BAG schon seit langem dahin relativiert, dass eine unberechtigt unterbliebene Einladung einer Wahlversammlung die Bestellung durch das Arbeitsgericht nicht ausschließt (BAG, Beschluss v. 26.2.1992, 7 ABR 37/91). Einzelne Arbeitsgerichte stellen diesem Fall gleich, wenn aus übergeordneten Gründen, wie insbesondere der Corona-Pandemie, Betriebsversammlungen nicht durchgeführt werden können (ArbG Mainz, Beschluss v. 10.12.2020, 9 BV 25/20).

Nach Ansicht des BAG ist eine gerichtliche Bestellung selbst dann möglich, wenn in der Betriebsversammlung nur mit einem Wahlgang vergeblich versucht wurde, einen Wahlvorstand zu installieren. Es soll nicht erforderlich sein, in weiteren Wahlgängen, den Versuch zu machen, ein anderes Ergebnis zu erzielen (BAG, Beschluss v. 20.2.2019, 7 ABR 40/17). Damit kann auch gegen einen erklärten Willen der Belegschaftsmehrheit ein Wahlvorstand errichtet und damit ein Betriebsrat gewählt werden.

Im Betrieb vertreten ist eine Gewerkschaft, wenn mindestens ein im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer bei ihr organisiert ist; nicht gezählt werden Mitglieder, die die Gewerkschaft aufgenommen hat, obwohl die satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen offenkundig nicht vorgelegen haben (BAG, Beschluss v. 10.11.2004, 7 ABR 19/04). Betreibt eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft die Bestellung, hat der Arbeitgeber nach sehr zweifelhafter Ansicht des BAG die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Bestellungsverfahrens einschließlich einer Beauftragung eines Rechtsanwalts nach § 20 Abs. 3 BetrVG zu tragen (BAG, Beschluss v. 31.5.2000, 7 ABR 8/99). Allerdings sind nur erforderliche Kosten zu tragen, sodass die Rechtsanwaltskosten regelmäßig auf die Gebühren nach RVG begrenzt sind. Der Antrag an das Arbeitsgericht setzt allerdings voraus, dass ordnungsgemäß zu der Betriebsversammlung eingeladen wurde (BAG, Beschluss vom 26.2.1992, 7 ABR 37/91[1]). Im Übrigen gelten die Regelungen für die Bestellung des Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht in § 16 Abs. 2 BetrVG entsprechend, § 17 Abs. 4 Satz 2 BetrVG. Wurde der Antrag auf gerichtliche Bestellung des Wahlvorstands zu einem Zeitpunkt gestellt, als noch ein Betriebsrat im Amt war, so richtet sich das Verfahren nach § 16 Abs. 2 BetrVG, nicht nach § 17 Abs. 4 BetrVG, selbst wenn im Verlauf des Verfahrens die Amtszeit des Betriebsrates endete (BAG, Beschluss v. 23.11.2016, 7 ABR 13/15).

Wird die Entscheidung des Arbeitsgerichtes angefochten, so tritt die Wirksamkeit der Bestellung erst mit Rechtskraft der Entscheidung ein. Vorher ist der (noch nicht wirksam bestellte) Wahlvorstand nicht berechtigt, Wahlhandlungen vorzunehmen und insbesondere die Betriebsratswahl schon einzuleiten (LAG Hamm, Beschluss v. 14.8.2009, 10 TaBVGa 3/09).

[1] Zur ordnungsgemäßen Einladung siehe oben Rz. 4.

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