3.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Nach dem Wortlaut des Gesetzes erlischt bei einer Privatisierung, also bei einem Wechsel von einer öffentlich-rechtlichen in eine privat-rechtliche Organisationsform, das Amt des Personalrats mit dem Stichtag der Privatisierung

 
Praxis-Beispiel

Das Land B beschließt, die bisher als Eigenbetrieb geführte Porzellanmanufaktur zukünftig als Aktiengesellschaft zu betreiben und nach und nach Anteile an dieser AG zu veräußern, um für das Land dringend notwendige Einnahmen zu erzielen. Zum Stichtag 1.1.2020 wird aus der bisherigen Porzellanmanufaktur die Porzellan AG. Sämtliche Beschäftigten der bisherigen Manufaktur sind ab dem 1.1.2020 Arbeitnehmer der AG.

Das Mandat des Personalrats der Porzellanmanufaktur endet zum 31.12.2019, ab 1.1.2020 ist das BetrVG anwendbar.

Nach dem BetrVG kann grundsätzlich wegen der erforderlichen Wahlvorlaufzeiten erst nach 6 bis 8 Wochen ein Betriebsrat gewählt werden. In dem oben genannten Beispiel hätte dies zur Folge, dass in der Porzellan AG erst Ende Februar/Anfang März 2020 ein Betriebsrat gebildet werden könnte. Da das Mandat des Personalrats aber nach der gesetzlichen Regelung bereits zum 31.12.2019 endet, wären die Arbeitnehmer der Porzellan AG danach für rund 2 Monate ohne Vertretung.

Der Gesetzgeber hat diese Regelungslücke, die sich im Falle einer Privatisierung ergibt, teilweise durch ausdrückliche gesetzliche Vorschriften geschlossen:

3.2 Gesetzliches Übergangsmandat bei einzelnen Privatisierungen

 

Rz. 4

Bei den Privatisierungen von Bahn und Post hatte der Gesetzgeber für die örtlichen Personalräte in § 15 Abs. 1 DBGrG und in § 25 PostPersRG ein gesetzliches Übergangsmandat geschaffen. Im Falle der Bahn galt dieses Übergangsmandat für die Dauer von bis zu drei Monaten, im Falle der Post war die Höchstdauer des Übergangsmandats wegen des langwierigen Umstrukturierungsprozesses bei der Deutschen Bundespost Postdienst auf 24 Monate erhöht worden[1].

Die zitierten gesetzlichen Regelungen gelten jedoch nur für die genannten Privatisierungen von Bahn und Post. Auf andere Privatisierungen finden sie grundsätzlich keine Anwendung.

[1] Fitting, § 130 Rz. 11 ff., 13.

3.3 Generelles Übergangsmandat bei Privatisierungen

 

Rz. 5

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass es der Anerkennung eines Übergangsmandats für alle Privatisierungen bedarf (BAG, Beschluss v. 31.5.2000, 7 ABR 78/98[1]). Nach Ansicht des BAG ist es durch die Anerkennung eines gesetzlichen Übergangsmandats bei einigen Privatisierungen zu einer Schutzlücke für die betroffenen Arbeitnehmer bei anderen Privatisierungen gekommen. Für diese Schutzlücke gibt es keine Rechtfertigung, sodass sie – auch aus Gründen der Gleichbehandlung – durch ein generelles Übergangsmandat zu schließen ist.

 

Rz. 6

Das Erfordernis der Anerkennung eines generellen Übergangsmandats ergibt sich mittlerweile auch aus europäischem Recht. Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12.3.2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben und Betriebsteilen[2] gilt auch für öffentlich-rechtliche Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 dieser Richtlinie lässt ein Betriebsübergang die Rechtsstellung und die Funktion der Arbeitnehmervertreter unberührt. Nach überwiegender Meinung[3] ist aufgrund dieser Regelung ein Übergangsmandat dann, wenn Privatisierungen zum Verlust der bisherigen Arbeitnehmervertretung führen, zwingend.

 

Rz. 7

Für die Zeit bis zur Wahl eines Betriebsrats, längstens für 6 Monate[4], erhält der Personalrat automatisch ein Übergangsmandat zur weiteren Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Er bleibt in seiner bisherigen personellen Zusammensetzung als Organ bestehen, gilt aber ab dem Stichtag der Privatisierung als Betriebsrat. Entsprechend richten sich seine Rechte und Pflichten nicht (mehr) nach dem PersVG, sondern ausschließlich nach dem BetrVG. Der (Übergangs-)Personalrat ist verpflichtet, unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen und die notwendigen Vorbereitungen zur zeitnahen Durchführung von Betriebsratswahlen zu treffen[5]. Mit der Wahl des Betriebsrats nach dem BetrVG erlischt das Übergangsmandat des Personalrats automatisch.

[1] AP Nr. 12 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb = NZA 2000, 1350.
[2] ABl. EG Nr. L 82 S. 16.
[3] S. dazu auch Fitting, § 130 Rz. 16 m. w. N.
[4] Richardi, § 130 Rz. 13; Fitting, § 130, Rz. 17.
[5] GK-BetrVG/Fabricius, § 130 Anm. 10.

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