Rz. 165

Nach der Insolvenzordnung (§ 122 InsO) ist ein beschleunigtes Verfahren zur Durchführung von Betriebsänderungen vorgesehen. Statt des üblichen Verfahrens vor der Einigungsstelle kann das Arbeitsgericht eingeschaltet werden. Erteilt das Gericht seine Zustimmung, wird dadurch der Interessenausgleich ersetzt.

Voraussetzung für die Anrufung des Arbeitsgerichts ist es, dass sich Insolvenzverwalter und Betriebsrat innerhalb von 3 Wochen nach Verhandlungsbeginn bzw. schriftlicher Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen nicht auf einen Interessenausgleich geeinigt haben. Der Insolvenzverwalter kann in diesem Fall beantragen, dass das Arbeitsgericht der Durchführung der Betriebsänderung ohne Interessenausgleich zustimmt. Gemäß § 122 Abs. 1 S. 2 InsO ist für diesen Fall ein Nachteilsausgleichsanspruch nach § 113 Abs. 3 BetrVG ausdrücklich ausgeschlossen. Verletzt der Insolvenzverwalter aber seine Pflicht, über einen Interessenausgleich zu verhandeln, bleibt es dabei, dass die Arbeitnehmer nach § 113 Abs. 3 BetrVG Nachteilsausgleichsansprüche erwerben, die Masseverbindlichkeiten sind. Anders als die Ansprüche aus einem Insolvenzsozialplan gilt hier auch keine Beschränkung.

 

Rz. 166

Der Insolvenzverwalter kann die Zustimmung des Arbeitsgerichts im beschleunigten Verfahren der einstweiligen Verfügung gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG erwirken. Die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes sind gemäß § 122 Abs. 2 S. 2 InsO für das Beschlussverfahren anwendbar.

 

Rz. 167

Gemäß § 122 Abs. 2 S. 1 InsO hat das Arbeitsgericht die Zustimmung zur Betriebsänderung ohne Interessenausgleich zu erteilen, sofern die wirtschaftliche Lage des Unternehmens auch unter Berücksichtigung der sozialen Belange der Arbeitnehmer eine beschleunigte Durchführung der Betriebsänderung erforderlich macht. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn die Weiterführung des Betriebs zu weiteren Verlusten für die Masse führen würde oder wenn Veräußerungschancen nicht wahrgenommen werden können. Der allgemeine Hinweis darauf, dass ein Insolvenzverfahren eingeleitet ist, reicht dagegen nicht aus (ArbG Berlin, Beschluss v. 26.3.1998, 5 BV 5735/98).

 

Rz. 168

Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist lediglich die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht zulässig. Diese ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung einzulegen; Voraussetzung ist, dass das Arbeitsgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Ist dies nicht der Fall und stimmt das Arbeitsgericht der Durchführung der Betriebsänderung zu, kann der Insolvenzverwalter sofort mit der Umsetzung beginnen.

 

Rz. 169

Kommt innerhalb von 3 Wochen zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat keine Einigung über einen Interessenausgleich zustande, kann der Insolvenzverwalter neben der Zustimmung zur Durchführung der Betriebsänderung ohne Interessenausgleich beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse bestimmter, im Antrag genauer bezeichneter Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und sozial gerechtfertigt ist. Dieses Recht folgt aus § 126 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichtes über diesen Feststellungsantrag ist in einem gegebenenfalls vom betroffenen Arbeitnehmer angestrengten Kündigungsschutzverfahren grundsätzlich bindend. Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Sachlage nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung wesentlich geändert hat.

Die Überprüfung der Sozialauswahl der betroffenen Arbeitnehmer ist im Feststellungsverfahren nach § 126 Abs. 1 InsO auf die Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit, ihr Lebensalter und ihre Unterhaltspflichten beschränkt. Auch nach der Neufassung des Kündigungsschutzgesetzes wurde die Schwerbehinderteneigenschaft nicht als weiteres zu prüfendes Kriterium hinzugenommen. Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist ebenfalls lediglich die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statthaft, vorausgesetzt, sie ist vom Arbeitsgericht zugelassen worden.

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