Rz. 143

Gemäß § 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG können Arbeitgeber und Betriebsrat die Einigungsstelle sowohl wegen eines Interessenausgleichs als auch wegen eines Sozialplans anrufen. Die Einigungsstellenverfahren wegen des Interessenausgleichs und wegen des Sozialplans müssen nicht notwendig zeitgleich vor derselben Einigungsstelle durchgeführt werden. Dennoch ist diese Vorgehensweise in der Praxis der Regelfall, nur selten wird die Einigungsstelle isoliert für einen der beiden Gegenstände angerufen.

 

Rz. 144

Zur Anrufung berechtigt sind beide Parteien. Anders als bei Einschaltung des Vorstands der Bundesagentur ist, wenn die Einigungsstelle von einer Seite angerufen wird, die andere Seite verpflichtet, sich an dem Einigungsstellenverfahren zu beteiligen (so LAG Berlin, Beschluss v. 4.10.1982, 9 TaBV 4/82). Allerdings ist die Einigungsstelle von Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam zu bilden, in dem sie sich auf die Person des neutralen Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer pro Seite verständigen. Das gelingt nicht immer, sei es, weil unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob überhaupt eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG vorliegt, sei es, weil man sich über die Person des Vorsitzenden nicht verständigt, sei es, weil der Betriebsrat aus taktischen Gründen das Interessenausgleichsverfahren hinauszögern will. In allen diesen Fällen haben Arbeitgeber oder Betriebsrat die Möglichkeit, beim Arbeitgeber nach § 100 ArbGG die Einigungsstelle bestellen zu lassen, d. h. die Person des Vorsitzenden zu bestimmen und die Zahl der Beisitzer festzulegen. Dieses Procedere kann bis zu drei Monaten in Anspruch nehmen, wenn es durch zwei Instanzen geführt wird.

Das Arbeitsgericht lehnt die Bestellung der Einigungsstelle nur dann ab, wenn offensichtlich keine Betriebsänderung vorliegt (§ 100 ArbGG).

 

Rz. 145

 
Hinweis

Die Anrufung der Einigungsstelle soll möglichst frühzeitig geschehen, um unnötige Zeitverzögerungen, etwa aufgrund erforderlicher Terminabstimmungen, zu vermeiden und um ggf. ausreichend Zeit für ein gerichtliches Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG zu haben, falls eine Einigung über den Vorsitzenden nicht zustande kommt.

Da das Arbeitsgericht die Bestellung der Einigungsstelle nur ablehnt, wenn offensichtlich keine Betriebsänderung vorliegt, sollte sich der Arbeitgeber im Zweifelsfall auf die Einigungsstelle einlassen und erst in der Einigungsstelle geltend machen, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsänderung gar nicht vorliegen.

Voraussetzung ist, dass die innerbetrieblichen Verhandlungen als gescheitert anzusehen sind. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, beurteilt grundsätzlich jede Partei für sich. Erforderlich ist allerdings, dass ernsthafte Verhandlungen stattgefunden haben und das Scheitern dieser Verhandlungen nicht ohne jeden Anlass angenommen wird (LAG Frankfurt, Beschluss v. 12.11.1991, 4 TaBV 148/91; Hessisches LAG, Beschluss v. 17.4.2007, 4 TaBV 59/07).

 

Rz. 146

Nach der Rechtsprechung des BAG ist der Unternehmer gehalten, bei einem Scheitern der Einigungsbemühungen hinsichtlich des Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat seinerseits die Einigungsstelle anzurufen, will er sich nicht der Gefahr von Nachteilsausgleichsansprüchen nach § 113 BetrVG aussetzen (BAG, Urteil v. 18.12.1984, 1 AZR 176/82). Dies gilt nach der zitierten Rechtsprechung auch dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Sozialplan nicht vorliegen und der Betriebsrat mithin einen solchen nicht erzwingen kann. Die genannte Sanktion bezieht sich ohnehin nur auf die Durchführung des Interessenausgleichsverfahrens. Hinsichtlich des Sozialplanverfahrens besteht für den Arbeitgeber nicht der entsprechende Druck.

 

Rz. 147

In der Regel wird die Einigungsstelle mit zwei oder drei Beisitzern auf jeder Seite als ausreichend angesehen (LAG Niedersachsen, Beschluss v. 7.8.2007, 1 TaBV 63/07). Zwar kann die Besetzung mit einer größeren Zahl an Beisitzern erforderlich sein, wenn der Regelungsgegenstand dies erfordert. Diese Beurteilung unterliegt aber in erster Linie den Betriebspartnern, die darüber Einvernehmen erzielen sollten. Gelingt dies nicht, entscheidet auf Antrag das Arbeitsgericht nach § 76 Abs. 2 Satz 3 BetrVG und § 100 ArbGG genauso, wie es im Streitfall den (neutralen) Einigungsstellenvorsitzenden bestimmt.

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