Rz. 28

Im Fall einer Betriebsänderung hat der Unternehmer den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und mit ihm die geplante Betriebsänderung zu beraten (§ 111 Satz 1 BetrVG). In Betrieben mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat einen Berater zu seiner Unterstützung hinzuziehen (§ 111 Satz 2 BetrVG).

 

Rz. 29

Das Gesetz gibt dem Betriebsrat zunächst lediglich ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht, an dass sich aber die Rechte aus § 112 BetrVG – Verhandlung über Interessenausgleich und Sozialplan – anschließt. Werden diese Pflichten verletzt, ergeben sich die Rechtsfolgen aus § 113 BetrVG (Nachteilsausgleichsanspruch des betroffenen Arbeitnehmers) und § 121 BetrVG (bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit). Dies spricht dafür, dass daneben keine weiteren Ansprüche bei Pflichtverletzung bestehen, insbesondere der Betriebsrat nicht die Unterlassung der Betriebsänderung verlangen und im Wege einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzen kann. Andernfalls hätte der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung, die dem Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch gibt, ausdrücklich in § 111 BetrVG aufgenommen. Diese Frage ist umstritten (wie hier: LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 24.11.2004, 9 TaBV 29/04; a. A., also für Unterlassungsanspruch des Betriebsrats: LAG Niedersachsen, Beschluss v. 4.5.2007, 17 TaBVGa, 57/07; Hess. LAG, Beschluss v. 27.6.2007, 4 TaBVGa 137/07). Da Betriebsräte die Durchführung einer Betriebsänderung ohne ausreichende Beratung in der Regel durch eine einstweilige Verfügung zu verhindern suchen, kommt es auf die Rechtsprechung des jweiligen Landesarbeitsgerichts an, da es im einstweiligen Verfügungsverfahren keine Zuständigkeit des Bundesarbeitsgerichts gibt.

4.1 Unterrichtung

 

Rz. 30

Der Betriebsrat ist vom Unternehmer rechtzeitig in der Planungsphase zu unterrichten. Insoweit unterscheidet sich der Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats vom Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG. Der Unterrichtungsanspruch beginnt, wenn der Arbeitgeber sich zu einer Betriebsänderung entschlossen hat, und zwar bereits dann, wenn die Einzelheiten und die genau Durchführung noch nicht feststehen (BAG, Urteil vom 14.09.1976, 1 AZR 784/75[1]). Es entspricht gerade dem Sinn des Informationsrechtes, dass der Betriebsrat nicht mit einer unverrückbaren Planung konfrontiert wird, sondern dass er auf die Entscheidung durch die folgende Beratung Einfluss nehmen kann. Das entspricht auch der Wertung des § 90 Abs. 2 BetrVG zum Zeitpunkt einer rechtzeitigen Unterrichtung. Das bedeutet nicht, dass schon im Zeitpunkt der ersten Überlegungen eine Information stattfinden muss. Der Unternehmer kann zunächst einmal die ersten Überlegungen intern anstellen. Erst wenn die Planungen eine gewisse Reife erlangt haben, hat er den Betriebsrat zu informieren.

Demgegenüber wird der Nachteilsausgleichsanspruch des Arbeitnehmers nach § 113 BetrVG erst dadurch ausgelöst, dass der Arbeitgeber mit der Umsetzung einer Betriebsänderung ohne vorherige Verhandlungen mit dem Betriebsrat beginnt.

Diese beiden Zeitpunkte werden nicht hinreichend getrennt. Wenn in der Fachliteratur[2] teilweise darauf abgestellt wird, dass der Arbeitgeber seine Informationspflichten nicht verletzte, wenn bereits ein Gesellschafterbeschluss über die Stilllegung vor der Beratung mit dem Betriebsrat gefasst wurde, so betrifft das die Frage, ob der Arbeitgeber einen Nachteilsausgleich schuldet. Das ist nicht der Fall (siehe BAG, Urteil vom 30.5.2006, 1 AZR 25/05[3]). Gleichwohl hat er den Betriebsrat nicht rechtzeitig informiert, weil seine Entscheidung über die Betriebsänderung bereits feststeht und vom Betriebsrat nicht mehr beeinflusst werden kann.

Eine besondere Form ist für die Unterrichtung nicht vorgesehen. Der Betriebsrat muss in die Lage versetzt werden, auf das Ob und Wie der Betriebsänderung noch Einfluss nehmen zu können (BAG, Urteil v. 14.9.1976, 1 AZR 784/75) und sobald sich der Unternehmer entschlossen hat, vorbehaltlich der Besprechungen mit dem Betriebsrat eine Betriebsänderung durchzuführen, ist der Betriebsrat zu informieren[4] (LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 27.9.2004, 4 TaBV 3/04[5]).

 

Rz. 31

Der Betriebsrat muss umfassend informiert werden. Sie umfasst Folgendes:

  • genauer Inhalt der Betriebsänderung
  • mögliche Alternativen
  • Darlegung der Gründe
  • Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
  • soziale Folgen der Betriebsänderung – insbesondere wegen § 118 BetrVG in Tendenzbetrieben (BAG, Urteil v. 30.4.2004, 1 AZR 7/03[6]).

Er muss die Informationen erhalten, die er benötigt, um eigene Vorstellungen hinsichtlich eines Sozialplans entwickeln zu können (BAG, Urteil v. 30.3.2004, 1 AZR 7/03[7]).

Der Unternehmer muss dem Betriebsrat auch die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zustellen, die er selbst hat; zusätzliche braucht er nicht anfertigen zu lassen[8]. Der Anspruch ergibt sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG. Der Unternehmer erfüllt seine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat nicht durch die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses: Diese zu...

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