Rz. 9
Die Betriebsänderung muss sich auf die gesamte Belegschaft oder erhebliche Teile von ihr auswirken können. Maßgeblich sind hier die Beschäftigten des betroffenen Betriebs. Zur Beurteilung, welcher Teil der Belegschaft erheblich ist, wird die Zahlenstaffel des § 17 Abs. 1 KSchG herangezogen[1] (BAG, Urteil v. 22.1.2004, 2 AZR 111/02[2]). Für größere Betriebe verbleibt es allerdings nicht bei der Höchstgrenze des § 17 Abs. 1 Nr. 3 KSchG von 30 Arbeitnehmern. Es müssen mindestens 5 % der Belegschaft betroffen sein (BAG, Urteil v. 2.8.1983, 1 AZR 516/81; BAG, Urteil v. 22.1.2004, 2 AZR 111/02[3]). Daraus ergibt sich folgende Zahlenstaffel:
Betriebsgröße | Mindestzahl betroffener Arbeitnehmer |
21 – 59 Arbeitnehmer | 6 Arbeitnehmer |
60 – 249 Arbeitnehmer | 10 % der Arbeitnehmer |
250 – 499 Arbeitnehmer | 26 Arbeitnehmer |
500 – 599 Arbeitnehmer | 30 Arbeitnehmer |
ab 600 Arbeitnehmer | 5 % der Arbeitnehmer |
Hat das Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer, der Betrieb aber weniger, stellt eine Maßnahme eine Betriebsänderung dar, wenn sie wenigstens sechs Arbeitnehmer des Betriebs betrifft (BAG, Urteil v. 9.11.2010, 1 AZR 708/09 für Betriebsänderung durch reinen Personalabbau)[4]. Anders als nach § 17 Abs. 1 KSchG kommt es nicht darauf an, dass die Arbeitnehmer innerhalb von 30 Tagen nachteilig betroffen werden. Diese zeitliche Grenze ist im Rahmen des § 111 BetrVG irrelevant. Maßgeblich ist allein die durch die konkrete geplante Betriebsänderung insgesamt betroffene Zahl von Arbeitnehmern des Betriebes. Dabei gilt wiederum das "Kopfprinzip". Ob auch hier die nachteilig betroffenen Leiharbeitnehmer mitzuzählen sind, ist offen. Werden Entlassungen in mehreren Schritten vorgenommen, so kommt es auf einen Gesamtplan des Arbeitgebers an. Gibt es keinen solchen, so werden die Entlassungen nicht zusammengerechnet. Ansonsten entscheidet die Gesamtzahl der betroffenen Arbeitnehmer. Die Frist von 30 Kalendertagen des § 17 Abs. 1 KSchG ist hierfür keine Grenze (BAG, Beschluss v. 28.3.2006, 1 ABR 5/05[5]; BAG, Urteil v. 22.5.1979, 1 AZR 46/76), wenn der Arbeitgeber vor Beginn der Maßnahme einen Gesamtplan fasst oder wenn er nach den ersten Schritten diese zu einem solchen zusammenfasst. Wenn der Arbeitgeber den Gesamtplan aber erst nach den ersten Entlassungswellen fasst, unterfallen diese aber nicht nachträglich der Mitbestimmung, soweit sie schon durchgeführt sind (BAG, Beschluss v. 28.3.2006, 1 ABR 5/05[6]). Ob es einen solchen Gesamtplan gibt, kann anhand von Indizien zu beurteilen sein. Bei einem Personalabbau in Stufen kann ein Indiz sein, dass es innerhalb kurzer zeit immer wieder zu neuen Entlassungen kommt. Tritt nach einer Entlassungswelle eine mehrmonatige Konsolidierungsphase ohne Entlassungen ein, spricht das gegen einen Gesamtplan. Auch die Informationen des Unternehmens gegenüber dem Wirtschaftsausschuss nach § 106 Abs. 3 BetrVG über die Produktions- und Absatzplanung können Indizien für oder gegen eine einheitliche unternehmerische Entscheidung sein[7].
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