Rz. 55

Erteilt der Betriebsrat im Laufe des Zustimmungsersetzungsverfahrens die zunächst verweigerte Zustimmung, ist das Beschlussverfahren in der Hauptsache erledigt. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall die Kündigung unverzüglich aussprechen, nachdem er von der nachträglichen Zustimmung Kenntnis erlangt hat. Endet in einem solchen Fall das Arbeitsverhältnis des zu kündigenden Arbeitnehmers vor Ablauf des Zustimmungsverfahrens, wird der Antrag des Arbeitgebers nach der Rechtsprechung des BAG unzulässig.[1] Die Beteiligten können in einem solchen Fall das Beschlussverfahren nach § 83a ArbGG für erledigt erklären. § 83a Abs. 2 ArbGG gilt nur für den Fall übereinstimmender Erledigterklärungen eines jeden Beteiligten. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer im Verfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG den Erledigterklärungen von Arbeitgeber und Betriebsrat widerspricht.[2] Das bloße Interesse des Arbeitgebers an einem Rechtsgutachten über die Frage, ob seine Kündigungsgründe den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gerechtfertigt hätten, reicht insoweit für einen Antrag auf Zustimmungsersetzung nicht aus.

 

Rz. 56

Entfällt während des Zustimmungsersetzungsverfahrens die Zustimmungsbedürftigkeit nach § 103 Abs. 1 BetrVG aus anderen Gründen (z. B. Ende der Amtszeit eines Betriebsratsmitglieds, Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis), wird der Zustimmungsersetzungsantrag unzulässig.[3] Der Arbeitgeber kann das Verfahren für erledigt erklären.[4] Hält der Arbeitgeber seinen Antrag auf Zustimmungsersetzung aufrecht, ist dieser als unzulässig abzuweisen.[5] Das gilt auch für den Fall einer Betriebsratsneuwahl während eines Zustimmungsersetzungsverfahrens.[6] Ob und wie das Beschlussverfahren bei Verlust des Sonderkündigungsschutzes zu Ende geführt wird, ist nämlich für den Ausspruch der Kündigung ohne Bedeutung.[7]

Anders ist es jedoch, wenn sich an das Ende der Amtszeit, in der ein Antrag nach § 103 Abs. 2 BetrVG gestellt wurde, ohne Unterbrechung eine neue Amtszeit anschließt. In diesem Fall gilt die bisherige Erklärung des Betriebsrats weiter, das gerichtliche Verfahren kann weitergeführt werden.[8]

 

Rz. 57

Der Arbeitgeber muss nach der Erledigungserklärung die Kündigung unverzüglich aussprechen. Eine weitere Betriebsratsanhörung ist nicht erforderlich.[9] Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, solange die Beendigung aufgrund einer vorangegangenen Kündigung nicht feststeht. Ein Arbeitgeber kann eine Kündigung jedenfalls für den Fall vorsorglich aussprechen, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits aus anderem Grund aufgelöst sein sollte. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Kündigungsgründe, auf die die Arbeitgeberin die neue Kündigung stützen will, erst nach Zugang der vorangegangenen Kündigungen entstanden sind. Der Arbeitgeber kann in diesem Fall die nachträglich entstandenen Kündigungsgründe nur zum Anlass einer erneuten – vorsorglichen – Kündigung nehmen.[10]

 

Rz. 58

Hält der Arbeitgeber an seinem Zustimmungsersuchen gegenüber dem Betriebsrat nicht mehr fest, ist einem bei Gericht anhängigen Zustimmungsersetzungsverfahren die Grundlage entzogen. Es hat sich objektiv erledigt. Der gleichwohl aufrechterhaltene bisherige Sachantrag wird unzulässig. Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem beteiligten Arbeitnehmer ausspricht, ist jedenfalls dann nicht als Rücknahme des Zustimmungsersuchens gegenüber dem Betriebsrat zu verstehen, wenn die Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen wurde, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats nicht (mehr) bedarf. Eine gegenüber dem Arbeitnehmer im Laufe des Zustimmungsersetzungsverfahrens in diesem Sinne vorsorglich ausgesprochene Kündigung seitens des Arbeitgebers lässt dessen Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat und den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG unberührt. Vor Ausspruch der vorsorglichen Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht erneut anhören.[11] Im laufenden Zustimmungsersetzungsverfahren kann nämlich der Betriebsrat der Kündigung auch weiterhin all das entgegensetzen, was ihn schon bislang dazu bewogen hat, ihr seine Zustimmung zu versagen. Seine im Rahmen des Ersetzungsverfahrens ununterbrochen gegebene Möglichkeit der Einflussnahme auf die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ist um nichts geringer als sie es wäre, wenn dieser die zwischenzeitlich vorsorglich ausgesprochene Kündigung nicht erklärt hätte.

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