Rz. 9

Für Ersatzmitglieder gilt § 103 BetrVG mit dem Nachrücken in das Gremium oder für die Zeit einer Vertretung aufgrund der objektiven Verhinderung (z. B. Urlaub, Krankheit) eines ordentlichen Mitglieds.[1] Dies ist der Beginn des ersten Arbeitstags, an dem das ordentliche Mitglied verhindert ist.[2] Auf die Dauer der Verhinderung kommt es nicht an, unerheblich ist, ob während der Vertretungszeit tatsächlich Arbeit im entsprechenden Gremium anfällt. Entscheidend ist, dass der Vertreter für diese Arbeit zur Verfügung stehen muss. Deshalb ist es auch unerheblich, wenn das Ersatzmitglied während der Vertretungszeit selbst wieder z. B. aufgrund eigener Arbeitsunfähigkeit an der Wahrnehmung seiner Betriebsratsaufgaben verhindert ist, sofern die Zeit der Verhinderung im Vergleich zur voraussichtlichen Dauer des Vertretungsfalls nicht ins Gewicht fällt.[3] Dies ist jedenfalls dann nicht mehr der Fall, wenn das Ersatzmitglied durch ein weiteres Ersatzmitglied vertreten wird.

Im Fall einer Betriebsratssitzung beginnt der besondere Kündigungs- und Versetzungsschutz 3 Tage vor der Sitzung, sofern das Mitglied vorher zur Sitzung geladen worden ist.[4]

 

Rz. 10

Der Schutz des § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG für Ersatzmitglieder ist nicht davon abhängig, dass der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung von der Vertretungstätigkeit Kenntnis hat. Ausgeschlossen ist der Schutz des § 15 KSchG, wenn der Vertretungsfall durch kollusive Absprachen zum Schein herbeigeführt wird[5] oder das Ersatzmitglied weiß oder sich ihm aufdrängen muss, dass kein Vertretungsfall vorliegt. Auch dann, wenn zwar ein objektiver Fall einer Verhinderung i. S. d. § 25 Abs. 1 BetrVG nicht vorlag, das Ersatzmitglied jedoch an einer Betriebsratssitzung teilgenommen hat und keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass in Wahrheit ein Vertretungsfall nicht vorlag, bestehen die Gründe für den vom Gesetzgeber vorgesehenen Sonderkündigungsschutz. Das Ersatzmitglied übt auch in diesem Fall die vom Gesetz auf die Austragung von Streit angelegte Rolle des betrieblichen Gegenspielers des Arbeitgebers aus. Diese Lage ist für das Ersatzmitglied unvermeidbar, weil es – solange keine Anhaltspunkte gegen das Vorliegen eines Vertretungsfalls sprechen – verpflichtet ist, der Einladung zur Betriebsratssitzung zu folgen. Der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG würde seinen Zweck verfehlen, wenn er von der späteren Bestätigung des von dem ordentlichen Betriebsratsmitglied angegebenen Verhinderungsgrunds abhinge. Nur wenn das Ersatzmitglied weiß oder sich ihm aufdrängt, dass kein Vertretungsfall vorliegt, ist es nicht schutzbedürftig.[6]

 

Rz. 11

Der Kündigungsschutz für Ersatzmitglieder vollzieht sich automatisch mit Eintritt des Verhinderungsfalls. Es kommt nicht darauf an, ob die Verhinderung des Betriebsratsmitglieds dem Vorsitzenden des Betriebsrats oder dem Ersatzmitglied bekannt ist und ob sie für eine gewisse Dauer anhält.[7]

Ebenfalls unerheblich ist, wenn sich ein Betriebsratsmitglied krankmeldet und sich später herausstellt, dass keine Arbeitsunfähigkeit und deshalb ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst vorgelegen hat.

[8] Dies gilt aber nur dann, wenn das Ersatzmitglied nicht rechtsmissbräuchlich mit dem Betriebsratsmitglied zusammengewirkt hat.

 
Praxis-Beispiel

Das Betriebsratsmitglied hat mit Wissen und mit dem Einverständnis des Ersatzmitglieds die Krankheit nur vorgetäuscht.

 

Rz. 11a

Wird einem ordentlichen Betriebsratsmitglied Erholungsurlaub bewilligt, führt dies nicht nur zum Ruhen seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung, sondern zugleich zur Suspendierung seiner betriebsrätlichen Amtspflichten. Dem Betriebsratsmitglied wird während seines Erholungsurlaubs diese Verrichtung seiner Amtspflichten zwar nicht ohne weiteres objektiv unmöglich, grundsätzlich aber unzumutbar. Das Betriebsratsmitglied gilt im Fall des Erholungsurlaubs jedenfalls so lange als zeitweilig verhindert i. S. v. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, wie es nicht seine Bereitschaft, während des Urlaubs Betriebsratstätigkeiten zu verrichten, positiv anzeigt. Der Kündigungsschutz des Ersatzmitglieds setzt im Urlaubsfall regelmäßig mit dem üblichen Arbeitsbeginn am ersten Urlaubstag des verhinderten Betriebsratsmitglieds ein.[9] Ein Betriebsratsmitglied ist aber nicht deshalb i. S. v. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zeitweilig verhindert, weil es arbeitsfrei hat. Anders als im Falle eines bewilligten Erholungsurlaubs ist einem Betriebsratsmitglied die Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben außerhalb der persönlichen Arbeitszeit nicht grundsätzlich unzumutbar. Es muss vielmehr ein tatsächlicher Verhinderungsgrund vorliegen und vom Ersatzmitglied, das sich auf ein Nachrücken und das Eingreifen von Sonderkündigungsschutz gem. § 103 BetrVG beruft, dargelegt werden.[10]

 

Rz. 12

Das vorübergehend eingerückte Ersatzmitglied genießt nach Beendigung des Vertretungsfalls den nachwirkenden Kündigungsschutz gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG, wenn es während des Vertretungsfalls auch tatsächlich Betriebsratsaufgaben wahrgen...

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