Rz. 70

Der Betriebsrat hat über eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Kündigung in einer Sitzung gem. § 30 BetrVG zu beraten und zu beschließen.

Der Betriebsrat hat folgende Reaktionsmöglichkeiten:

  • Nachfrage
  • Zustimmung
  • Mitteilung von Bedenken
  • Schweigen
  • ausdrückliches Absehen von einer Stellungnahme
  • Widerspruch
 

Rz. 71

Der Arbeitgeber kann vor Ablauf der Äußerungsfrist kündigen, wenn eine abschließende Stellungnahme vorliegt. Einer Äußerung des Betriebsrats während des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG kommt indes nur fristverkürzende Wirkung zu, wenn ihr der Arbeitgeber unzweifelhaft entnehmen kann, dass es sich um eine abschließende Stellungnahme handelt. Erklärt der Betriebsrat dies nicht ausdrücklich, muss sich für die Annahme einer "abschließenden Erklärung" eindeutig ergeben, dass der Betriebsrat sich bis zum Ablauf der Anhörungsfrist nicht noch einmal – und sei es "nur" zur Ergänzung der Begründung seiner bereits eröffneten Entschließung – äußern möchte. Für die Annahme einer vorfristig abgegebenen verfahrensbeendenden Äußerung bedarf es demnach besonderer Anhaltspunkte, denn dem Betriebsrat steht für die Mitteilung der Gründe, die aus seiner Sicht gegen die Verwirklichung des Kündigungsentschlusses sprechen, die gesamte Anhörungsfrist zur Verfügung und die Stellungnahme gegenüber dem Arbeitgeber ist nicht auf eine einmalige Äußerung beschränkt. Fehlt es an sicheren Anhaltspunkten dafür, dass sich der Betriebsrat in keinem Fall mehr zur Kündigungsabsicht äußern wird, muss der Arbeitgeber, sofern er die Kündigung vor Ablauf der Wochenfrist erklären will, beim Betriebsratsvorsitzenden nachfragen und um entsprechende Klarstellung bitten. Auf dessen Erklärung darf er sich verlassen (BAG, Urteil v. 25.5.2016, 2 AZR 345/15[1]).

 

Rz. 71a

Diese Rechtsprechung kann aber wegen der Unterschiedlichkeit der Beteiligungsrechte auf das Mitbestimmungsverfahren bei einer ordentlichen Kündigung nach den Personalvertretungsgesetzen nicht übertragen werden. Sie verstieße gegen das dort normierte positive Konsensprinzip (BAG, Urteil v. 19.11.2009, 6 AZR 800/08[2], PersVG Berlin; BAG, Urteil v. 28.1.2010, 2 AZR 50/09[3], NPersVG)

Teilt der Betriebsrat mit, dass aus seiner Sicht aufgrund der Eigenschaft des Arbeitnehmers als leitender Angestellter eine Anhörung nach § 102 BetrVG nicht erforderlich sei, sondern eine Mitteilung nach § 105 BetrVG ausreiche, stellt dies zugleich eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats dar, mit der das Anhörungsverfahren in Bezug auf die beabsichtigte Kündigung abgeschlossen ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 11.1.2008, 9 Sa 489/07).

 
Hinweis

Erscheint zweifelhaft, ob sich der Betriebsrat abschließend geäußert hat, sollte der Arbeitgeber vorsorglich die Äußerungsfrist verstreichen lassen und erst dann kündigen.

 

Rz. 72

Der Betriebsrat kann beschließen, vom Arbeitgeber ergänzende Informationen zur Person des zu Kündigenden oder zu den Kündigungsgründen einzuholen. Eine solche Rückfrage führt aber nicht automatisch zur Verlängerung der Äußerungsfrist.[4] Hatte der Arbeitgeber seine Mitteilungspflichten gem. § 102 BetrVG auch ohne die Zusatzinformationen erfüllt, muss der Betriebsrat seine Stellungnahme innerhalb der Frist abgeben, anderenfalls steht dem Betriebsrat noch die volle Äußerungsfrist für eine Stellungnahme zur Verfügung (BAG, Urteil v. 6.2.1997, 2 AZR 265/96[5]). Eine Verpflichtung des Betriebsrats, den Arbeitgeber auf die Unvollständigkeit seiner Mitteilung hinzuweisen, besteht nach allgemeiner Meinung nicht.

 

Rz. 73

Der Betriebsrat kann der beabsichtigten Kündigung durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich zustimmen. Damit ist das Anhörungsverfahren abgeschlossen, der Arbeitgeber kann – auch schon vor Ablauf der Wochen- oder 3-Tages-Frist – kündigen. Die Zustimmung kann mündlich oder schriftlich erfolgen, sie muss jedoch eindeutig als abschließende Erklärung zu erkennen und darf nicht mit einer Bedingung verknüpft sein. Trägt der Arbeitgeber hinsichtlich der Frage einer Kündigungsanhörung des Betriebsrats vor, das – namentlich bezeichnete – Betriebsratsmitglied habe "sinngemäß" geäußert, dass es "seitens des Betriebsrats gegen die außerordentliche sowie ordentliche Kündigung keine Bedenken hätte", so ist dies kein ausreichender Vortrag einer abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats (BAG, Urteil v. 3.4.2008, 2 AZR 965/06[6]).

 

Rz. 74

Äußert der Betriebsrat Bedenken, hat dies nicht die gleiche Qualität wie ein Widerspruch, insbesondere lösen bloße Bedenken keinen Weiterbeschäftigungsanspruch aus. Der Betriebsrat kann hier aber auf beliebige Gründe zurückgreifen. Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung hat der Betriebsrat unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen (§ 102 Abs. 2 Satz 1 und 3 BetrVG). Das Anhörungsverfahren ist deshalb noch nicht abgeschlossen, wenn der Betriebsrat zwar innerhalb der Anhörungsfrist Bedenken äußert, diese aber nur mündlich vorbringt, auch wenn er verspricht, dass eine schriftliche Begründung nachgereicht wird. Eb...

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