6.1 Verfahrensweise

 

Rz. 25

Das Arbeitsgericht hat sowohl über den Feststellungsantrag als auch über den Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage (BAG, Beschluss v. 25.1.2005, 1 ABR 61/03) zu entscheiden. Gesetzlich ist nicht geregelt, in welcher zeitlichen Reihenfolge das Arbeitsgericht über die Anträge zu entscheiden hat, bzw. ob die Gerichte durch Vorabbeschluss entscheiden können, dass die vorläufige Maßnahme offensichtlich nicht dringlich war.[1]

 

Rz. 26

Richtigerweise ist die grundsätzliche Verpflichtung der Gerichte für Arbeitssachen anzunehmen, in einem einheitlichen Verfahren zu entscheiden. Aufgrund der in § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG geregelten Verpflichtung des Arbeitgebers, Zustimmungsersetzungsantrag und Feststellungsantrag zusammen zu stellen, ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber im Interesse einer endgültigen Klärung der Angelegenheit von einer einheitlichen Verfahrensdurchführung ausgeht. Die konkrete Sachbehandlung im laufenden (einheitlichen) Verfahren obliegt aber allein und ausschließlich dem Gericht, es kann einen Teilbeschluss oder einen Beschluss über beide Anträge erlassen, es ist nicht an diesbezügliche Anträge der Beteiligten gebunden. Möglicherweise kann auch ein (rechtskräftiger) Teilbeschluss über den Zustimmungsantrag die Rechtslage abschließend klären. Stellt das Gericht nämlich fest, dass keine Gründe für die Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat vorlagen, hat sich der Feststellungsantrag erledigt.[2]

[1] Richardi/Thüsing, § 100 Rz. 39.
[2] Vgl. Rz. 22.

6.2 Entscheidungsmöglichkeiten

 

Rz. 27

Das Arbeitsgericht hat, sofern es gleichzeitig über den Feststellungsantrag und den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung entscheidet, vier Entscheidungsmöglichkeiten[1]:

  1. Beide Anträge sind begründet, d. h. das Arbeitsgericht ist der Auffassung, dass die Einstellung/Versetzung dringlich war und der Betriebsrat die Zustimmung zu Unrecht verweigert hat. Der Arbeitgeber kann die Maßnahme endgültig durchführen.
  2. Beide Anträge sind unbegründet; der Arbeitgeber muss die personelle Maßnahme aufheben, der Betriebsrat kann dies nach § 101 BetrVG erzwingen.
  3. Das Arbeitsgericht bejaht die Dringlichkeit der Maßnahme, hält aber die Verweigerung der Zustimmung für gerechtfertigt. Auch hier muss der Arbeitgeber die Maßnahme – wie bei Nr. 2. – aufheben, da sie zwar als vorläufige gerechtfertigt war, jedoch als endgültige unwirksam ist.
  4. Das Arbeitsgericht hält einen Grund für die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats nicht für gegeben, gibt also dem Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers statt, meint aber, dass die Maßnahme nicht sachlich dringend gem. § 100 Abs. 1 BetrVG war.[2]
 

Rz. 28

Die vorläufige Maßnahme kann in den Fällen 2. und 4. nur aufgehoben werden, wenn sie aus sachlichen Gründen offensichtlich nicht dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Offensichtlichkeit liegt vor, wenn ohne weitere Aufklärung sofort erkennbar ist, dass ein dringender betrieblicher Grund nicht vorlag. Es muss sich um eine grobe Verkennung der betrieblichen Notwendigkeiten der vorläufigen Durchführung der Einstellung oder Versetzung handeln.[3] Zu beurteilen ist die Situation im Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitgebers.[4]

 

Beispiele

  • Der Arbeitgeber kündigt einem in der Produktion tätigen Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen und will befristet Arbeitskräfte für die Erledigung eines Auftrags einstellen, der schon seit längerer Zeit bestand.
  • Der Arbeitgeber will einen Arbeitnehmer sofort versetzen, um diesem baldmöglichst den Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe zu ermöglichen.
 

Rz. 29

Das Arbeitsgericht kann wegen der gesetzlichen Regelung in § 100 Abs. 1 Satz 3 BetrVG den Feststellungsantrag des Arbeitgebers nicht lediglich als unbegründet abweisen, sondern muss im Tenor der Entscheidung ausdrücklich aussprechen, dass die Einstellung/Versetzung offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war.[5]

 

Rz. 30

Diese Feststellung ist aber dann nicht erforderlich, wenn das Arbeitsgericht, das Landesarbeitsgericht oder das BAG rechtskräftig[6] den Zustimmungsersetzungsantrag ablehnt. In diesem Fall endet die Maßnahme gem. § 100 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 BetrVG nach zwei Wochen. Das Gericht wird das Verfahren über den Feststellungsantrag einstellen. Auf eine mögliche dringende sachliche Erforderlichkeit kommt es nicht mehr an.[7]

 

Rz. 31

Gleiches gilt, wenn das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt, gleichzeitig aber meint, dass die Maßnahme nicht dringend war.[8] Mit einer rechtskräftigen Ersetzung der Zustimmung steht nämlich fest, dass der Arbeitgeber die Maßnahme nicht mehr nur vorläufig, sondern dauerhaft durchführen darf. Auf die Frage, ob schon ihre vorläufige Vornahme gerechtfertigt war, kommt es nicht mehr an. Selbst wenn eine vorläufige Durchführung nicht aus sachlichen Gründen dringend geboten gewesen sein sollte, hat sich der Arbeitgeber nicht betriebsverfassungswidrig verhalten. Der Arbeitgeber kann die Maßnahme mit Rechtskraft...

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