Rz. 4

Anders als § 127 InsO setzt § 128 Abs. 1 InsO nach seinem eindeutigen Wortlaut stets eine Betriebsänderung i. S. d. § 111 BetrVG voraus. Dies gilt nicht nur bei § 125 InsO, sondern auch hinsichtlich des Verweises auf die §§ 126, 127 InsO. Der Erwerber kann also nur dann von einer zuvor nach § 126 InsO erfolgten gerichtlichen Feststellung der Betriebsbedingtheit und der sozialen Rechtfertigung von Kündigungen profitieren, wenn Betriebe veräußert werden, in denen mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind (vgl. § 111 Satz 1 BetrVG) und die nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG zur Feststellung einer Einschränkung wesentlicher Betriebsteile anwendbaren Schwellenwerte des § 17 KSchG erreicht sind. Es muss sich also um einen Betrieb handeln, in dem nach den Regelungen des BetrVG ein Interessenausgleich geschlossen werden kann.[1]

Sowohl dem Interessenausgleich als auch dem Feststellungsantrag muss die Betriebsveräußerung inhaltlich zugrunde gelegt sein. Eine Betriebsänderung, die erst vom Erwerber vorgenommen wird, ohne dass sie schon im Insolvenzbetrieb geplant war, führt nicht zur Anwendung der privilegierenden Regelungen der §§ 125 ff. InsO.

 

Rz. 5

§ 128 InsO gilt trotz seines Wortlauts "Betriebsveräußerungen" nach seinem Sinn und Zweck nicht nur für Veräußerungen eines gesamten Betriebs, sondern auch für Veräußerungen von Betriebsteilen.[2] Dass insoweit der Begriff der Betriebsveräußerung und nicht der des Betriebsübergangs (wie in Abs. 2) verwendet wird, ist unerheblich; bei der Betriebsveräußerung handelt es sich um einen Unterfall dieses Oberbegriffs.[3]

 

Rz. 6

Nach § 128 Abs. 1 Satz 2 InsO ist der Erwerber an dem Verfahren nach § 126 InsO, § 83 Abs. 3 ArbGG zu beteiligen.[4] Als Erwerber ist dabei nur der einzelne Interessent anzusehen, dessen Erwerbsabsicht durch Abschluss eines Übernahmevertrags rechtlich abgesichert ist.[5] § 128 Abs. 1 Satz 2 InsO bezweckt lediglich eine verfahrensrechtliche Beteiligung des materiell betroffenen Erwerbers. Ist die Beteiligung des Erwerbers unterblieben, kann sich jener dennoch auf die gerichtliche Feststellung gegenüber den im Entscheidungstenor nach § 126 InsO bezeichneten Arbeitnehmern berufen.

[1] ErfK/Gallner/Bubach, 24. Aufl. 2024, § 128 InsO Rz 1.
[2] Römermann/Hamacher/Weingarth, InsO, 48. EL 5/2023, § 128 InsO Rz. 64; HWK/Annuß, Arbeitsrecht, § 128 InsO Rz. 2; BeckOK InsO/Göpfert, 33. Edition Stand 15.01.2022, § 28 InsO Rz. 1; a. A. KDZ/Däubler, KSchR, 7. Aufl. 2008, § 128 InsO Rz. 6; Zwanziger, BB 2008, 946, 947.
[3] Römermann/Hamacher/Weingarth, InsO, 48. EL 5/2023, § 128 Rz. 63.
[4] Vgl. BAG, Urteil v. 29.6.2000, 8 ABR 44/99, AP InsO § 126 Nr. 2.
[5] A. A. Braun/Wolf, InsO, 9. Aufl. 2022, § 128 Rz. 14: alle möglichen Erwerber mit Kaufabsicht.

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