Rz. 3

§ 113 InsO gilt in persönlicher Hinsicht für Arbeitsverhältnisse und Dienstverhältnisse. Insbesondere erfasst die Regelung auch die Kündigung von Organmitgliedern wie Geschäftsführer einer GmbH sowie Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, Genossenschaften oder Vereinen. Arbeitnehmerähnliche Personen fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2, nicht jedoch Auszubildende, da der in § 22 Abs. 2 BBiG normierte Schutz vor ordentlichen Kündigungen nicht von § 113 InsO verdrängt wird.[1] Diesen kann nach Ablauf der Probezeit seitens des Arbeitgebers lediglich nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies ist der Fall, wenn als Folge des Insolvenzverfahrens der Ausbildungszweck nicht mehr erreicht werden kann.[2]

 

Rz. 4

§ 113 InsO greift nur ein, wenn der Schuldner der Dienstberechtigte ist. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Dienstverpflichteten findet die Vorschrift keine Anwendung.[3] Die Norm findet auch in Fällen der Eigenverwaltung Anwendung. Der Schuldner tritt insoweit bei der Anwendung des § 113 InsO an die Stelle des Insolvenzverwalters.[4] Auf befristete Dienstverhältnisse ist die Regelung hingegen anwendbar.[5] § 113 InsO umfasst im Übrigen Änderungs- und Beendigungskündigungen.[6]

Nicht erfasst werden jedoch außerordentliche Kündigungen, die von § 113 InsO unberührt bleiben. Allerdings begründet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens alleine keinen wichtigen Grund, der zur fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses berechtigen würde.[7]

 

Rz. 5

Das Kündigungsrecht beginnt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sodass die Regelung nicht den vorläufigen Insolvenzverwalter adressiert. Nicht erforderlich ist, dass die Kündigung unmittelbar im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen wird. Insbesondere kann in einem späteren Ausspruch der Kündigung kein Verzicht des Insolvenzverwalters auf den Ausspruch der Kündigung gesehen werden. Dient die Kündigung allerdings offenkundig nicht mehr dem Zweck einer zeitnahen Sanierung des Insolvenzschuldners und war der betroffene Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum vorwiegend zur Bewältigung der Aufgaben des Insolvenzverwalters eingesetzt, kann § 113 InsO ggf. unanwendbar sein.[8]

 

Rz. 6

Der Insolvenzverwalter kann das Dienstverhältnis auch dann kündigen, wenn der Dienstverpflichtete den Dienst noch nicht angetreten hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind Kündigungen vor und nach Dienstantritt erfasst.[9] Die Privilegierung des § 113 InsO findet auch auf Kündigungen vor Dienstantritt Anwendung. Die Frist des § 113 Satz 2 InsO beginnt im Falle der Kündigung vor Dienstantritt mit dem Zugang der Kündigungserklärung.[10] Auch wenn im Dienstvertrag die Kündigung vor Dienstantritt ausgeschlossen ist, läuft die Frist aus Satz 1 mit Zugang der Kündigung ggf. vor Dienstantritt an.[11]

 

Rz. 7

Begründet der Insolvenzverwalter mit Wirkung für die Masse ein Arbeitsverhältnis neu, so gilt bei einer Kündigung die Kündigungsfrist des § 113 InsO. Dies gilt selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag ausdrücklich auf die Kündigungsfristen des § 622 BGB verwiesen wird.[12]

 

Rz. 8

Zu beachten ist, dass die Insolvenzabwicklung keinen sachlichen Grund i. S. v. § 14 TzBfG darstellt.[13]

[1] Vgl. HWK/Annuß, Arbeitsrecht, § 113 InsO Rz. 3.
[2] KR/Weigand, 13. Aufl. 2022, §§ 113, 120-124 InsO Rz. 19.
[3] ErfK/Müller-Glöge, 24. Aufl. 2024, § 113 InsO Rz. 3.
[4] BAG, Urteil v. 17.2.2017, 6 AZR 665/15, AP InsO § 113 Nr. 27.
[5] BAG, Urteil v. 6.7.2000, 2 AZR 695/99, AP InsO § 113 Nr. 6.
[6] HWK/Annuß, Arbeitsrecht, § 113 InsO Rz. 4.
[7] BAG, Urteil v. 25.10.1963, 2 AZR 23/63, AP KO § 22 Nr. 1.
[8] Vgl. ArbG Kiel, Urteil v. 29.3.2016, 5 Ca 170 d/16, NZI 2016, 849, 850.
[10] BAG, Urteil v. 23.2.2017, 6 AZR 665/15, AP InsO § 113 Nr. 27.
[11] HWK/Annuß, Arbeitsrecht, § 113 InsO Rz. 5; ErfK/Müller-Glöge, § 113 InsO Rz. 7a; KR/Weigand, § 113 InsO Rz. 20.

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