Rz. 12

Ob das KSchG verbunden mit einer weiten Auslegung der Generalklauseln letztlich also für die Umsetzung der europäischen Richtlinien ausreicht, kann nicht abschließend gesagt werden. Eine solche Anwendung stößt aber zumindest auf starke Bedenken. Eine europarechtskonforme, gegenüber dem bisherigen Maßstab erweiterte Auslegung der Generalklauseln des § 1 KSchG und des § 242 BGB mag zwar im Gros der Fälle zu vergleichbaren Ergebnissen kommen wie die Anwendung des AGG[1] und ist jedenfalls auch trotz der klaren Regelung des § 2 Abs. 4 AGG möglich. Ob ein solches Vorgehen aber europarechtlich ausreicht, ist fraglich, ist doch der deutsche Gesetzgeber zu einer transparenten Umsetzung verpflichtet[2]: Der EuGH verlangt, "dass die Begünstigten in der Lage sind, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese ggf. vor den nationalen Gerichten geltend zu machen".[3] Bei Generalklauseln ist dies nur eingeschränkt der Fall, zumindest wenn die Rechtsprechung den Wortlaut der Norm nicht nur konkretisieren, sondern korrigieren muss. Im Übrigen sind die Grenzen umstritten.[4]

[1] BAG, Urteil v. 22.10.2009, 8 AZR 642/08, AP AGG § 15 Nr. 2; BAG, Urteil v. 6.11.2008, 2 AZR 523/07, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 182.
[2] Hierzu: von Medem, Kündigungsschutz und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, 2008, S. 194.
[3] EuGH, Urteil v. 10.5.2001, C-144/99, Slg. 2001 I, 3541, Rz. 17, ZIP 2001, 1373.
[4] Ausführlicher Thüsing/Lambrich, BB 2002, 829.

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