Rz. 59

Stellen beide Parteien einen Auflösungsantrag, ist streitig, ob das Gericht ohne weitere Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen das Arbeitsverhältnis aufzulösen hat oder ob auch in diesem Fall eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen ist.[1]

Fest steht, dass beide Anträge prozessual eigenständig bleiben mit möglicherweise unterschiedlichen Gründen für die Auflösung und unterschiedlicher Antragstellung zur Höhe, was für eine inhaltliche Prüfung spricht. Andererseits hängt der Umfang der Darlegungspflicht von der Einlassung der Gegenseite ab, sodass es vertretbar erscheint, bei von beiden Seiten zum Ausdruck gebrachtem Lösungswillen von einer näheren Darlegung der Auflösungsgründe abzusehen.[2] Die vorgebrachten Gründe können jedoch bei der Festsetzung der Höhe der Abfindung eine Rolle spielen mit der Konsequenz, dass deshalb die Richtigkeit der vorgebrachten Gründe mit einer Beweisaufnahme zu klären ist.

 
Hinweis

In der Praxis sollten sich die Parteien bei ihrer Vorgehensweise an der Rechtsauffassung des jeweiligen Gerichts orientieren. Bringt das Gericht bei dem nach § 139 ZPO gebotenen Hinweis zum Ausdruck, dass trotz beiderseitiger Auflösungsanträge eine inhaltliche Prüfung erfolge und fraglich erscheine, ob die vorgebrachten Gründe zur Auflösung genügen würden, verbleibt den Parteien neben dem immer möglichen Vergleich die Möglichkeit des Anerkenntnisses oder auch des Nichtbestreitens von vorgetragenen entscheidungserheblichen Auflösungsgründen der Gegenseite.

[1] Offengelassen BAG, Urteil v. 23.6.1993, 2 AZR 56/93, AP KSchG § 9 Nr. 23; für Sachprüfung z. B. KR/Spilger, § 9 KSchG, Rz. 82, gegen Sachprüfung z. B. ErfK/Kiel, § 9 KSchG, Rz. 24; LKB/Linck, KSchG, § 9 KSchG, Rz. 70.
[2] Löwisch/Schlünder/Spinner/Wertheimer, § 9 KSchG, Rz. 88; APS/Biebl, § 9 KSchG, Rz. 71; Boecken/Düwell/Diller/Hanau/Eylert, § 9 KSchG, Rz. 55.

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