Rz. 147

Die Frist beginnt nach § 4 Satz 1 KSchG mit dem Zugang der Kündigung. Maßgeblich ist insoweit § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Regelung erfasst nach ihrem Wortlaut nur den Zugang unter Abwesenden. Sie ist aber entsprechend anwendbar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigung persönlich übergibt.[1]

 

Rz. 148

Die schriftliche Kündigung ist zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Arbeitnehmers bzw. eines empfangsberechtigten Dritten gelangt und der Arbeitnehmer unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit hat, von dem Inhalt des Kündigungsschreibens Kenntnis zu nehmen.[2] Nimmt der Arbeitnehmer trotz bestehender Möglichkeit keine Kenntnis von dem Kündigungsschreiben, geht das zu seinen Lasten.[3]

 

Rz. 149

Besteht Streit über die Frage, ob oder wann eine Kündigung zugegangen ist, trägt der Arbeitgeber insoweit die volle Darlegungs- und Beweislast. Einen Anscheinsbeweis dafür, dass abgesandte Schreiben den Empfänger erreicht haben, gibt es nicht.[4] Allerdings kann die Tatsache, dass ein ordnungsgemäß adressiertes Kündigungsschreiben nicht an den Absender zurückgelangt ist, im Einzelfall als Beweisanzeichen, d. h. als Indiz für einen Zugang der Kündigung, angesehen werden.

[1] BAG, Urteil v. 26.3.2015, 2 AZR 483/14, NZA 2015, 1183, 1185.
[3] BAG, Urteil v. 4.11.2004, 2 AZR 17/04, NZA 2005, 513, 514.
[4] BGH, Urteil v. 12.10.1978, IX ZR 34/74 ( für einen Entschädigungsantrag); ebenso OLG Düsseldorf, Urteil v. 26.4.2012, 14 U 99/11, ZInsO 2012, 1566.

7.3.1 Persönliche Übergabe

 

Rz. 150

Die persönliche Übergabe ist für den Arbeitgeber ein sicherer Weg, um den Zugang der Kündigung nach § 130 Abs. 1 BGB herbeizuführen. Die Übergabe kann dabei auch durch einen Boten des Arbeitgebers, z. B. einen Mitarbeiter der Personalabteilung, erfolgen.

 
Hinweis

Der Arbeitgeber sollte sich den Empfang des Kündigungsschreibens vom Arbeitnehmer schriftlich bestätigen lassen. Wenn der Arbeitnehmer die Bestätigung verweigert, muss der Bote die Übergabe des Kündigungsschreibens im Prozess bezeugen. Der Bote sollte daher vorsorglich ein Protokoll zur Übergabe verfassen. Wird die Kündigung in einem verschlossenen Briefumschlag übergeben, muss der Bote zudem aus eigener Wahrnehmung wissen, dass der Briefumschlag tatsächlich das Kündigungsschreiben enthielt. Anderenfalls wird der Nachweis des Zugangs nicht gelingen, wenn der Arbeitnehmer behauptet, er habe nur einen leeren Briefumschlag oder einen Briefumschlag mit einem anderen Schreiben erhalten.

Zeuge kann im Übrigen nur sein, wer nicht selbst Partei des Kündigungsschutzverfahrens ist oder als Partei zu vernehmen wäre. Geschäftsführer einer GmbH oder persönlich haftende Gesellschafter einer OHG oder KG können daher nicht als Zeugen für die Übergabe des Kündigungsschreibens benannt werden.

7.3.2 Einwurf in den Briefkasten

 

Rz. 151

Wird das Kündigungsschreiben durch den Postzusteller oder einen Boten des Arbeitgebers in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen, geht die Kündigung zu, sobald nach der Verkehrsauffassung mit der Leerung des Briefkastens gerechnet werden kann. Damit dürfte zumindest eine Kündigung, die an einem Werktag vor 10 Uhr eingeworfen wird, noch am Tag des Einwurfs zugehen. Dagegen geht eine Kündigung, die um 16:30 Uhr in den Briefkasten eingeworfen wird, dem Arbeitnehmer grundsätzlich erst am folgenden Werktag zu.[1] Einige Landesarbeitsgerichte haben aber auch bei einem späteren Einwurf einen Zugang der Kündigung am Tag der Zustellung angenommen.[2]

 

Rz. 152

Nimmt der Arbeitnehmer aber tatsächlich schon zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von dem Kündigungsschreiben, ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme maßgeblich. Wird z. B. eine Kündigung um 23 Uhr in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen und liest dieser die Kündigung noch vor 24 Uhr, geht die Kündigung bereits am Tag des Einwurfs in den Briefkasten zu.[3]

 
Hinweis

Der Bote sollte die Kündigung nicht erst an dem Tag in den Briefkasten des Arbeitnehmers einwerfen, an dem der Zugang der Kündigung zur Wahrung der Kündigungsfrist oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Darüber hinaus sollte der Bote auch bei einem Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten ein Protokoll fertigen. In diesem Protokoll sollte der Bote zumindest das Datum und die Uhrzeit des Einwurfs vermerken und den Briefkasten, in den er das Kündigungsschreiben eingeworfen hat, beschreiben (z. B. Farbe, Beschriftung, etc.). Ist kein Briefkasten vorhanden, kann das Kündigungsschreiben auch unter der Haustür oder unter der Wohnungstür des Arbeitnehmers durchgeschoben werden.[4]

Wird der Briefumschlag mit dem Kündigungsschreiben nicht durch einen Boten, sondern im Postversand durch einen Postzusteller eingeworfen, ist der Nachweis des Zugangs praktisch unmöglich.

[2] Vgl. z. B...

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