Rz. 75

Hat der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt nach § 2 KSchG angenommen, kann er die soziale Rechtfertigung sowie die Rechtswirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen im Übrigen nach § 4 Satz 2 KSchG vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen. Für die Klage gilt die Frist von 3 Wochen (§ 4 Satz 1 KSchG). Ausreichend ist der Eingang der ordnungsgemäßen Klageschrift bei Gericht (§ 167 ZPO). Wird die Klage nicht rechtzeitig erhoben, erlischt der vom Arbeitnehmer nach§ 2 KSchG erklärte Vorbehalt (§ 7 2. Halbsatz KSchG); das Arbeitsverhältnis besteht also unbedingt zu den geänderten Bedingungen fort.

Ein Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG kommt im Falle einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG nicht in Betracht.[1]

[1] BAG, Urteil v. 24.10.2013, 2 AZR 320/13, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 71, NZA 2014, 486.

5.3.1 Antrag

 

Rz. 76

Die Klage ist mit dem Antrag zu erheben, festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist (§ 4 Satz 2 KSchG). Dieser Feststellungsantrag ist schon deshalb zulässig, weil nach § 7 2. Halbsatz KSchG ein vom Arbeitnehmer nach § 2 KSchG erklärter Vorbehalt erlischt, also ein vorbehaltloses Einvernehmen des Arbeitnehmers mit den geänderten Arbeitsbedingungen fingiert wird, wenn die Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig geltend gemacht wird. Es genügt aber auch eine innerhalb der Klagefrist zunächst mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erhobene Klage, den der Arbeitnehmer später, ggf. auch noch im Berufungsverfahren[1], entsprechend § 4 Satz 2 KSchG fasst[2]).

Hat der Arbeitgeber eine unbedingte Änderungskündigung zu einem ersten Termin und hilfsweise eine Änderungskündigung zu einem späteren Termin erklärt und der Arbeitnehmer beide Änderungsangebote unter dem Vorbehalt nach § 2 KSchG angenommen, kann auch die Änderungsschutzklage gestaffelt erhoben werden bzw. ist entsprechend auszulegen. Der gegen die hilfsweise Änderungskündigung gerichtete Klageantrag ist dann so auszulegen, dass er auflösend für den Fall des Misserfolgs des Änderungsschutzantrags bezogen auf die unbedingte Änderungskündigung ist.[3]

5.3.2 Streitgegenstand

 

Rz. 77

Streitgegenstand der Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen.[1] Die Regelung in § 8 KSchG spricht nicht gegen dieses Verständnis. Danach gilt zwar "die Änderungskündigung" als von Anfang an rechtsunwirksam, wenn das Gericht festgestellt hat, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Da aber schon die Annahme des Angebots unter Vorbehalt die Beendigungswirkung der Kündigung beseitigt, ist § 8 KSchG so zu verstehen, dass nur die unter Vorbehalt akzeptierte Änderung der Arbeitsbedingungen von Beginn an entfällt.[2]

 

Rz. 78

Eine Änderung von "Arbeitsbedingungen" i. S. v. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG steht nur im Streit, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten vertraglichen Bedingungen anbietet. § 2 Satz 1 KSchG setzt voraus, dass es zur Änderung der Arbeitsbedingungen einer Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags bedarf. Das ist nur der Fall, wenn der Arbeitgeber die von ihm erstrebte Änderung auf Basis der bestehenden vertraglichen Regelungen gerade nicht zu erreichen vermag.

Das bedeutet umgekehrt, dass eine faktische Änderung, die schon auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrags, d. h. ohne Einverständnis des Arbeitnehmers durchsetzbar ist, keiner Vertragsänderung und deshalb keiner Kündigung bedarf. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die er schon durch Ausübung seines Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO durchsetzen kann, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine "Änderung von Arbeitsbedingungen" nach § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll am bestehenden Vertragsinhalt nichts geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor. Die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungsschutzklage ist in diesem Fall – notwendig – unbegründet.[3] Das Gericht wird in einem solchen Fall jedoch zu prüfen haben, ob die vom Arbeitnehmer erklärte Vorbehaltsannahme unter dieser Bedingung überhaupt gelten soll und ggf. eine Fassung des Klageantrags nach § 4 Satz 1 KSchG anregen.

 

Rz. 79

Nach § 4 Satz 2 KSchG ist im Fall von § 2 KSchG die Klage auf Feststellung zu erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Gegenstand der Änderungsschutzklage ist damit ausdrücklich auch eine Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen aus anderen Gründen[4], was zu § 4 Satz 2 KSchG a. F. nicht eindeutig war.[5]

 

Rz. 80

Nimmt der Arbeitne...

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