Rz. 42

Neben der Änderungskündigung und anderen einseitigen Gestaltungsrechten kann eine Änderung der Arbeitsbedingungen auch durch 2-seitige individual- oder kollektivrechtliche Instrumente erreicht werden. Diese setzen jedoch Vereinbarungen voraus, die, mit Ausnahme des Teilzeitanspruchs des Arbeitnehmers nach § 8 TzBfG, nicht einseitig erzwungen werden können. Um eine klageweise Auseinandersetzung über die soziale Rechtfertigung des Änderungsangebots zu vermeiden, kann es für den Arbeitgeber sinnvoll sein, eine entsprechende einvernehmliche Regelung zu versuchen. Er ist jedoch zu solchen Verhandlungen nicht verpflichtet, bevor er eine Änderungskündigung ausspricht.

2.3.1 Änderungsvertrag

 

Rz. 43

Für eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen ist ein Änderungsvertrag der Arbeitsvertragsparteien erforderlich (§ 311 Abs. 1 BGB). Kommt es zu einer entsprechenden Einigung, bedarf es nicht mehr des Ausspruchs einer Änderungskündigung. Ein Änderungsvertrag kann auch noch nach Ausspruch der Änderungskündigung zustande kommen, nämlich wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos annimmt. Die Kündigung entfaltet dann keinerlei Wirkung mehr. Sie ist als Teil der Änderungskündigung für den Fall auflösend bedingt erklärt, dass der Arbeitnehmer das Änderungsangebot annimmt.[1]

[1] Ebenso KR/Kreft, 13. Aufl. 2022, § 2 KSchG, Rz. 19; Krois, Anm. zu BAG, Urteil v. 10.9.2009, EzA KSchG § 2 Nr. 74.

2.3.2 Befristung von Arbeitsbedingungen

 

Rz. 44

Die Arbeitsvertragsparteien können auch einzelne Vertragsbedingungen befristet ändern, z. B. zum Zweck der nur befristeten Übertragung einer anderen Tätigkeit. Soweit die Befristung wirksam vereinbart wurde, gelten nach Ablauf der Befristung automatisch wieder die alten Bedingungen, ohne dass der Ausspruch einer Änderungskündigung erforderlich wäre.

 
Praxis-Beispiel

Nach dem Arbeitsvertrag beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers 30 Stunden. Die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren folgenden Änderungsvertrag: "Für die Zeit vom 1.10. dieses Jahres bis 30.9. des Folgejahres wird der Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt."

 

Rz. 45

Für die Befristung von einzelnen Arbeitsbedingungen bedarf es keines sachlichen Grundes i. S. v. § 14 Abs. 1 TzBfG. Die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sind auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen nicht anwendbar.[1]

Die formularmäßige befristete Änderung einzelner Vertragsbedingungen unterliegt jedoch der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.[2] Sie stellt keine i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, wenn die Befristung unter Abwägung seines Interesses insbesondere an Planungssicherheit durch billigenswerte Gründe des Arbeitgebers gerechtfertigt ist.[3]

 

Rz. 46

Liegt der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit einem Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnte, überwiegt i. d. R. das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Erhöhung der Arbeitszeit das Interesse des Arbeitnehmers an der unbefristeten Vereinbarung des Umfangs seiner Arbeitszeit.[4]

Das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt – ebenso wenig wie die Befristung eines gesamten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 und 2 TzBfG – nicht, dass die Vereinbarung der Befristung einer einzelnen Arbeitsbedingung den Grund für die Befristung enthält.[5]

[1] BAG, Urteil v. 18.6.2008, 7 AZR 245/07, vgl. auch BAG, Urteil v. 27.7.2005, AP BGB § 307 Nr. 6, NZA 2006, 40, zu B II 1 c der Gründe; BAG, Urteil v. 14.1.2004, AP TzBfG § 14 Nr. 10, zu II 1 b der Gründe.
[2] Vgl. BAG, Urteil v. 18.6.2008, 7 AZR 245/07, vgl. auch BAG, Urteil v. 27.7.2005, AP BGB § 307 Nr. 6; BAG, Urteil v. 14.1.2004, AP TzBfG § 14 Nr. 10.
[3] BAG, Urteil v. 27.7.2005, 7 AZR 486/04, AP BGB § 307 Nr. 6, NZA 2006, 40, zu B II 2 b bb der Gründe.
[4] BAG, Urteil v. 2.9.2009, 7 AZR 233/08, EzA TzBfG § 14 Nr. 61, NZA 2009, 188, Rz. 29.
[5] BAG, Urteil v. 2.9.2009, 7 AZR 233/08, EzA TzBfG § 14 Nr. 61, NZA 2009, 188, Rz. 23.

2.3.3 Ablösende Betriebsvereinbarung

 

Rz. 47

Eine Änderung arbeitsvertraglicher Ansprüche durch Betriebsvereinbarung kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Regelungen der Betriebsvereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger sind. Das Günstigkeitsprinzip gilt auch im Verhältnis zu arbeitsvertraglichen Ansprüchen aufgrund von betrieblichen Einheitsregelungen, Gesamtzusagen oder betrieblicher Übung.[1] Nach der Rechtsprechung des BAG bestehen bei allgemeinen Sozialleistungen des Arbeitgebers insofern Besonderheiten, als hier nur ein kollektiver Günstigkeitsvergleich vorzunehmen ist. Eine Neuregelung durch Betriebsvereinbarung ist danach auch dann zulässig, wenn sich die Rechtsstellung eines Teils der Arbeitnehmer bei rein individualrechtlicher Betrachtung verschlechtert, für alle betroffenen Arbeitnehmer insgesamt die Regelungen der Betriebsvereinbarung jedoch nicht ungünstiger sind.[2] Können sich die Betriebsparteien auf eine entsprechende Regelung verständigen, bedarf...

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