Rz. 31

Nach § 19 Abs. 3 KSchG werden tarifvertragliche Regelungen über die Einführung, das Ausmaß und die Bezahlung von Kurzarbeit durch die Ermächtigung der Bundesagentur für Arbeit nicht berührt. Die Zulassung von Kurzarbeit durch die Bundesagentur für Arbeit befreit den Arbeitgeber daher grds. nicht von der Beachtung entsprechender tarifvertraglicher Anforderungen.[1] Dabei sind die tarifvertraglichen Regelungen – unabhängig von ihrem konkreten Inhalt – einheitlich in ihrer Gesamtheit anzuwenden, auch wenn diese für die betroffenen Arbeitnehmer ungünstiger sind.[2] Eine Rolle spielt § 19 Abs. 3 KSchG daher insbesondere bei im Hinblick auf tarifvertragliche Anforderungen oder Einschränkungen zur Einführung von Kurzarbeit. Denkbar wäre z.B., dass die Einführung von Kurzarbeit im Tarifvertrag untersagt oder auf eine bestimmte Dauer beschränkt ist. Derartige Regelungen würden der Ermächtigung durch die Bundesagentur für Arbeit vorgehen. Da Tarifverträge in der Praxis aber regelmäßig keinen vollständigen Ausschluss von Kurzarbeit, sondern eher Aufstockungsleistungen zum Kurzarbeitergeld vorsehen, ist auch der Anwendungsbereich von § 19 Abs. 3 KSchG – ebenso wie der des § 19 Abs. 1 KSchG – beschränkt.[3]

 

Rz. 32

Da tarifvertragliche Regelungen über die Einführung, das Ausmaß und die Bezahlung von Kurzarbeit allerdings keine betrieblichen Regelungen i. S. d. § 3 Abs. 2 TVG, sondern vielmehr Inhaltsnormen darstellen, ist für das Eingreifen der Sperrwirkung nach § 19 Abs. 3 KSchG eine beiderseitige Tarifbindung oder die Allgemeinverbindlichkeit i. S. d. § 5 Abs. 4 TVG erforderlich. Gegenüber den nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern kann daher Kurzarbeit nach Maßgabe der Ermächtigung der Bundesagentur für Arbeit eingeführt werden.[4] Dies gilt auch dann, wenn keine beiderseitige Tarifbindung, aber eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme auf einen entsprechenden Tarifvertrag vorliegt. Ebenso findet § 19 Abs. 3 KSchG nach seinem insofern eindeutigen Wortlaut auf Betriebsvereinbarungen oder einzelvertragliche Bestimmungen keine Anwendung. Soweit dort Regelungen über die Einführung, das Ausmaß und die Bezahlung von Kurzarbeit vorhanden sind, treten diese hinter die Zulassung durch die Bundesagentur für Arbeit zurück.[5]

[1] GA KSchG 19.3; APS/Moll, § 19 KSchG Rz. 39; KR/Weigand/Heinkel, § 19 KSchG Rz. 22 ff.; LKB/Bayreuther, KSchG, § 19 KSchG Rz. 5; ErfK/Kiel, § 19 KSchG Rz. 5.
[2] KR/Weigand/Heinkel, § 19 KSchG Rz. 26; APS/Moll, § 19 KSchG Rz. 40.
[3] BeckOGK/Naber, § 19 KSchG Rz. 21.
[4] KR/Weigand/Heinkel, § 19 KSchG Rz. 28; APS/Moll, 19 KSchG Rz. 42; LKB/Bayreuther, KSchG, § 19 KSchG Rz. 5; ErfK/Kiel, § 19 KSchG Rz. 4; a. A. Schaub/Rinck, Arbeitsrechtshandbuch, § 47 Rz. 4; Kehrmann, AuR 1967, 193, 196; Simitis/Weiss, DB 1973, 1240 1249; Farthmann, RdA 1974, 65, 71.
[5] LKB/Bayreuther, KSchG, § 19 KSchG Rz. 5.

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